Empörung und Enttäuschung nach Urteil gegen Abt Aho

Die Gemeinschaft der Suryoye ist empört über das Urteil gegen den syrisch-orthodoxen Priester Sefer „Aho“ Bileçen von mehr als zwei Jahren Haft. Die Entscheidung sei ein Schlag gegen den Schutz von Minderheiten und gefährdeten Gruppen, mahnt die ESU.

Die Union der Suryoye in Europa (ESU) hat die türkische Justiz aufgefordert, das Urteil gegen den syrisch-orthodoxen Priester Sefer „Aho“ Bileçen zu revidieren. Die gerichtliche Entscheidung sei eine Enttäuschung für die Suryoye und stelle einen „Schlag gegen demokratische Prinzipien und Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten und gefährdeten Gruppen” dar, heißt es in einer Stellungnahme des Dachverbands.

Der Priester des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Yakub (auch als „Kirche des Heiligen Jakob von Nisibis“ bekannt) im Tur Abdin, Abt Aho, war am Mittwoch von einem türkischen Gericht in Mêrdîn (tr. Mardin) zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt worden. Er wird beschuldigt, eine Terrororganisation unterstützt zu haben – gemeint ist die PKK. Die Verurteilung des Abts, der zugleich auch einziger Mönch des Klosters im Landkreis Nisêbîn (Nusaybin) ist, geht auf den Vorwurf zurück, dass er 2018 Guerillakämpfern Brot und Wasser gegeben hat.

Im Prozess hatte Bileçen, der zunächst wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt war, die Hilfeleistung nicht abgestritten. Diese habe jedoch keinen politischen Hintergrund gehabt, sondern entspreche seiner religiösen Überzeugung: „Ich gebe jedem zu essen, der an meine Tür kommt – wer auch immer er ist.“ Der Abt hat angekündigt, Berufung einzulegen. Er bleibt bis auf Weiteres auf freiem Fuß und wird weiterhin im Kloster leben und wirken.

„Die syrischen Klöster des Turabdin sind neben ihrer hohen kulturellen und religiösen Bedeutung auch touristisch von großem Interesse für das Volk der Suryoye. Klöster und Kirchen sind offen für alle Bevölkerungsgruppen ohne Einschränkung von Religion und Glauben. Mönch Aho ist nicht nur ‚Wächter’ des Klosters, sondern auch engagierter Diener an der Menschheit”, erklärt die ESU. „Wir erwarten von unserer Gemeinschaft und der christlichen Welt, dass sie Mönch Aho unterstützen. Auch glauben wir, internationale Organisationen für Menschen- und Minderheitenrechte Abt Aho beistehen werden.”

Im Tur Abdin lebt noch eine kleine syrisch-orthodoxe Minderheit von nicht einmal 2.500 Angehörigen des christlichen Glaubens. Bileçen bemüht sich seit Jahren, das 2013 dort wiedereröffnete Kloster Mor Yakub zu revitalisieren und wird dabei unter anderem auch von dem im österreichischen Linz ansässigen Hilfswerk „Initiative Christlicher Orient” (ICO) unterstützt. Außerdem möchte er eine Klosterschule einrichten. Der Abt war am 8. Januar 2020 festgenommen und einen Tag später verhaftet worden. Die Anschuldigungen gegen ihn beruhten auf den Aussagen eines Kronzeugen und ehemaligen Guerillakämpfers, der sich davon Strafminderung verspricht. Nach fünf Tagen in Untersuchungshaft ordnete das zuständige Gericht die Entlassung des Priesters gegen Meldeauflagen an.