Duisburg: Razzien im kurdischen Verein und gegen kurdische Familie

Erneut ist eine kurdische Familie in Deutschland von Kriminalisierung, Polizeigewalt und Repression betroffen. Durchsucht wurden sowohl eine Privatwohnung als auch ein Verein in Duisburg.

In der nordrhein-westfälischen Stadt Duisburg sind am Dienstagnachmittag die Räume eines kurdischen Vereins sowie Wohnung und Arbeitsplatz eines Kurden von einem Großaufgebot der Polizei durchsucht worden. Gegen den Mann, der ehrenamtlich im Vorstand des betroffenen Vereins „Demokratisches Kurdisches Gesellschaftszentrum Duisburg e.V.“ mitwirkt, wurde der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach §§ 129a/b StGB angeführt. Bei der Durchsuchung wurden private Dokumente, Handys und Computer beschlagnahmt. Auch ein Fußballtrikot des sieben Jahre alten Sohnes mit der Aufschrift „AmedSpor“ wurde als Beweismittel konfisziert.

Polizei begeht Rechtsverletzungen

Wie so häufig wurden auch bei dieser Hausdurchsuchung offenbar ernsthafte Rechtsverletzungen durch die Polizei begangen. Der Familienvater selbst befand sich zum Zeitpunkt des Überfalls auf der Arbeit. „Die Polizei passte in perfider Weise einen Moment ab, in dem die Ehepartnerin kurz das Haus verließ und der siebenjährige Sohn in der Wohnung allein war“, erklärte eine Vereinssprecherin. Und weiter: „Als die Mutter kurze Zeit später zurückkam, wurde ihr untersagt, einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Die Polizei überfiel die Familie mit einem Großaufgebot, dabei kamen auch aggressive Polizeihunde zum Einsatz. Die Beamten verhielten sich der Familie gegenüber unverhältnismäßig rabiat.“ Vor wenigen Tagen habe sich bei einer Reparatur zudem herausgestellt, dass an dem Auto der Familie Überwachungstechnik angebracht war.

Kriminalisierung nimmt zu

Seit der formellen Türkei-Reise von Generalbundesanwalt Peter Frank im Juli vergangenen Jahres ist ein deutlicher Anstieg in der Kriminalisierung von Kurd:innen in Deutschland zu verzeichnen, die sich hier für Frieden und Demokratie in ihrer Heimat engagieren. Zur Zeit sitzen so viele kurdische Aktivist:innen als politische Gefangene in deutschen Gefängnissen wie seit langem nicht, auch die verhängten Strafen sind so hoch wie seit Jahrzehnten nicht. Verfahren nach §§ 129a/b, die als „Gesinnungsparagrafen gegen Linke“ kritisiert werden, Hausdurchsuchungen, Vereinsdurchsuchungen und Abschiebungen sollen zum einen politisch aktive Menschen einschüchtern, zum anderen sind sie auch immer wieder ein Signal an Ankara und Beweis für die Kontinuität und Verlässlichkeit der deutsch-türkischen Beziehungen.

Neue Linie bei Verfolgung kurdischer Bewegung?

In den letzten drei Wochen sind mit Abdullah Ö., Özgür A. und Mazlum D. drei kurdische Aktivisten wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren verurteilt worden. Der Kölner Rechtshilfefonds Azadî e.V., der die Prozesse begleitet hat und Unterstützung für die Angeklagten leistete, ortet eine „neue Linie“ der bundesdeutschen Justiz bei der Verfolgung der kurdischen Bewegung. Die Urteilssprüche seien als „Angriff auf die politische Gesinnung“ der Betroffenen zu werten.