DJV warnt Medienschaffende vor Reisen in die Türkei

Der Deutsche Journalisten-Verband rät Medienschaffenden von beruflichen wie privaten Reisen in die Türkei ab. Die Organisation reagiert damit auf die vorübergehende Festnahme der linken Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Medienschaffenden von beruflichen und privaten Reisen in die Türkei abgeraten. Die vorübergehende Festnahme der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut (DIE LINKE) bei ihrer Einreise in die Türkei zeige „ein weiteres Mal, dass die Erdogan-Autokratie ihre Kritiker als militante Staatsfeinde betrachtet und verfolgt, wenn sie die Möglichkeit dazu hat“, erklärte am Montag der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

Wenn selbst die parlamentarische Immunität einer Abgeordneten nicht vor der Festnahme in der Türkei schütze, sei die Gefahr für Journalistinnen und Journalisten umso größer, betonte Überall. „Wer sich als Journalist schon einmal kritisch in den eigenen Beiträgen und in den sozialen Netzwerken über die Türkei, ihren Präsidenten oder die Regierungspartei AKP geäußert hat, sollte sich von dem Land fernhalten“, riet der DJV-Vorsitzende. Alles andere sei „ein unkalkulierbares Risiko“.

Die linke Politikerin Gökay Akbulut war am 3. August in Antalya kurzzeitig festgenommen worden. Ein von der türkischen Justiz wieder gelöschter Haftbefehl sei wegen angeblicher „Terrorpropaganda“ in vier Jahre alten Beiträgen in sozialen Medien ausgestellt worden, äußerte sie im Kurznachrichtendienst X (früher Twitter). Die deutsche Botschaft in Ankara sowie das Konsulat in Antalya und das Auswärtige Amt hätten sich eingeschaltet und damit ihre Freilassung bewirkt.

Seit 2017 im Bundestag

Akbulut sitzt seit 2017 im Bundestag, ihr Wahlkreis ist Mannheim. Sie ist 1982 in Pınarbaşı in der zentralanatolischen Provinz Kayseri geboren und hat einen kurdisch-alevitischen Hintergrund. Sie ist Kritikerin der Regierung des türkischen Langzeitherrschers Recep Tayyip Erdoğan, setzt sich gegen die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei in Rojava und Südkurdistan sowie für ein Waffenembargo gegen Ankara ein. Außerdem unterstützt sie Forderungen kurdischer Organisationen für die Aufhebung des Verbots der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und bemüht sich für eine Anerkennung der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES).

AA verweist auf Reise- und Sicherheitshinweise

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte in der Regierungspressekonferenz am Montag, ob Medienschaffende in der Türkei einer stärkeren Gefährdung ausgesetzt seien, könne sie „an dieser Stelle nicht bewerten“. Sie verwies wie der DJV auf die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes. Diese enthielten seit längerem Warnungen vor einer möglichen Festnahme oder Einreisesperren. Konkret heißt es in den Hinweisen des Auswärtigen Amtes: „Aufgrund des weit gefassten Terrorismusbegriffs in der Türkei, der aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte rechtsstaatswidrig ist, können zum Beispiel bloße Äußerungen, das Teilen, Kommentieren oder ‚Liken‘ von Beiträgen in sozialen Medien (…) für eine Strafverfolgung ausreichen“. Festnahmen, Strafverfolgungen oder Ausreisesperren seien „auch im Zusammenhang mit regierungskritischen Stellungnahmen in den sozialen Medien zu beobachten, vermehrt auch aufgrund des Vorwurfs der Präsidentenbeleidigung“.