Gökay Akbulut kurzzeitig in der Türkei festgenommen

Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Die Linke) ist in der Türkei kurzzeitig festgenommen worden. Die Erdoğan-Justiz beschuldigt sie offenbar der Propaganda für eine „terroristische“ Organisation.

Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Die Linke) ist in der Türkei kurzzeitig festgenommen worden. „Erst in der Türkei am Flughafen habe ich erfahren, dass ein Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Kayseri gegen mich vorliegt“, schrieb Akbulut am Samstagabend auf der Plattform X (ehemals Twitter). „Bevor ich dazu aussagen musste, wurde die Akte innerhalb von wenigen Stunden gelöscht.“

Zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) über die Festnahme berichtet, die sich am 3. August in Antalya ereignete. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, der Vorfall sei dort bekannt. Die deutsche Botschaft in Ankara sowie das Konsulat in Antalya hätten mit der Abgeordneten in engstem Kontakt gestanden. „Die Bundesregierung hat sich nach Unterrichtung über die Festnahme auf verschiedenen Kanälen für sie eingesetzt.“

Akbulut soll einem Haftrichter vorgeführt worden sein und wurde auch dann noch festgehalten, als sie sich bereits als deutsche Bundestagsabgeordnete ausgewiesen hatte, berichtet die FAZ. Auch der türkische Justizminister soll involviert gewesen sein. Erst nach mehreren Stunden nach ihrer Festnahme soll Akbulut wieder freigelassen worden sein. Sie dankte dem Auswärtigen Amt für dessen Einsatz. „Der Vorfall hat nochmals gezeigt, dass es in der Türkei keine Gewaltenteilung gibt“, ergänzte Akbulut. „Keine Sorge: Durch den Haftbefehl lasse ich mich nicht einschüchtern.“

War zunächst noch unklar, warum Akbulut überhaupt festgenommen wurde, schrieb sie am Sonntag auf X, dass sie aufgrund von Beiträgen in den sozialen Medien aus dem Jahr 2019 mit „Terrorpropaganda“ beschuldigt worden sei. „Die mehrfachen Morddrohungen gegen mich kamen ebenfalls aus Kayseri, wie der Haftbefehl“, fügte sie hinzu. Akbulut war 2020 und 2021 mehrfach mit dem Tod bedroht worden. Der Absender hatte die über Instagram verschickten Drohnachrichten mit „JITEM” unterzeichnet – dem informellen Geheimdienst der türkischen Militärpolizei, der für mindestens vier Fünftel der unaufgeklärten Morde der 1990er in Nordkurdistan verantwortlich ist.

Die Türkei hat Akbulut inzwischen wieder verlassen. Den Verwandtschaftsbesuch habe sie nach der Festnahme kurzgefasst, schrieb die 40-Jährige auf X. Im Oktober werde sie jedoch im Rahmen einer Delegationsreise der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe erneut in die Türkei fliegen – „und dort wie immer kein Blatt vor den Mund nehmen“, betonte Akbulut mit dem Hinweis auf den Hashtag #FreeThemAll.

Seit 2017 im Bundestag

Akbulut sitzt seit 2017 im Bundestag, ihr Wahlkreis ist Mannheim. Seit 2021 ist sie für ihre Partei Obfrau im Familienausschuss und im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement ist. Sie ist 1982 in Pınarbaşı in der zentralanatolischen Provinz Kayseri geboren und hat einen kurdisch-alevitischen Hintergrund. Sie ist Kritikerin der Regierung des türkischen Langzeitherrschers Recep Tayyip Erdoğan, setzt sich gegen die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei in Rojava und Südkurdistan sowie für ein Waffenembargo gegen Ankara ein. Außerdem unterstützt sie Forderungen kurdischer Organisationen für eine Aufhebung des Verbots der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und setzt sich für eine Anerkennung der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) ein.