In Deutschland, Frankreich, Österreich, England und der Schweiz haben Kurd:innen und solidarische Menschen sofortigen Kontakt zu Abdullah Öcalan gefordert. Der kurdische Vordenker wird seit fast 24 Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali fast durchgehend in Isolationshaft gehalten. Seit bekannt wurde, dass das Antifolterkomitee des Europarats (CPT) bei seiner letzten Inspektion von Haftzentren in der Türkei nicht mit Öcalan zusammengetroffen ist, hat sich die Sorge verstärkt. Mit Demonstrationen in verschiedenen Städten wurde am Samstag Aufklärung über den Besuch des CPT und den Zustand von Abdullah Öcalan gefordert. Wir dokumentieren einen Ausschnitt der Aktionen:
Stuttgart
In Stuttgart fand eine Demonstration von der Lautenschlager Straße zum Schlossplatz statt. In einem Redebeitrag hieß es: „Abdullah Öcalan entwickelte ein Paradigma, dass eine Zeitenwende in Kurdistan und dem gesamten Nahen Osten eingeläutet hat. Werte wie direkte Demokratie, Frauenbefreiung, Pluralismus, Ökologie und Gleichberechtigung unter der Bevölkerung der Region waren von Anfang an ein fester Bestandteil seiner Ideologie. ,Jin Jiyan Azadî' wurde von Abdullah Öcalan erschaffen. Viele Akteure sahen durch einen stabilen Frieden und den Aufbau einer bewussten, demokratischen Gesellschaft ihre Interessen gefährdet. Um zu verhindern, dass seine konstruktiven Lösungen für Demokratie und Stabilität sich weiter verbreiten und damit ein Weg für den Frieden geebnet wird, wurde Abdullah Öcalan 1999 unter Beteiligung internationaler Geheimdienste aus der griechischen Botschaft in Kenia gekidnappt und in die Türkei verschleppt. Dort wurde ihm ein Schauprozess gemacht und seitdem ist er auf der Gefängnisinsel inhaftiert. Sowohl die Verschleppung aus Griechenland als auch der Prozess waren Menschenrechtsverletzungen. Dies wurde auch vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt. Isolationshaft ist international als Folter geächtet. Mit der Verschärfung des Krieges verschärfte sich auch die Isolationshaft von Abdullah Öcalan. Es gibt keinerlei Kontakte seit 2021, weder Rechtsanwält:innen noch Familienangehörige können ihn besuchen. Das letzte halbwegs gesicherte Lebenszeichen von Abdullah Öcalan gab es im Frühjahr 2021, als er für wenige Minuten mit seinem Bruder telefonieren konnte.“
Die Demonstrant:innen forderten einen Bericht des CPT, die Aufhebung der Isolation auf Imrali, die Freilassung von Öcalan und den Beginn von Verhandlungen für einen gerechten Frieden in Kurdistan und dem Nahen Osten.
Demonstration in Basel
In Basel fand eine Demonstration statt, zu der die kurdischen Jugendorganisationen Tevgera Ciwanên Şoreşger (TCŞ) und Jinên Ciwan ên Têkoşer (TekoJIN) aufgerufen hatten. Auftakt war im De-Wette-Park. Nach einer Schweigeminute im Gedenken an die Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes forderte Zeynep Elih im Namen der Kurdischen Frauenbewegung in der Schweiz (YJK-S) Aufklärung über den CPT-Besuch in der Türkei. Es sei lediglich bekannt, dass das Antifolterkomitee nicht mit Öcalan zusammengetroffen sei, sagte die Rednerin: „Warum gab es kein Gespräch? Entweder aufgrund von gesundheitlichen Problemen oder aus Protest gegen die fortgesetzte Isolation. Das CPT erfüllt seine Aufgabe nicht. Das kurdische Volk ist ständig auf der Straße. Europa behauptet, für Demokratie einzutreten. Dieser Anspruch gilt jedoch nicht für das kurdische Volk. Das iranische Regime tötet jeden Tag junge Kurdinnen und Kurden. Der türkische Staat setzt Chemiewaffen gegen die Guerilla ein und greift täglich Rojava an. Das System von Rojava baut auf dem Paradigma von Abdullah Öcalan auf. Für das kurdische Volk ist Abdullah Öcalan eine rote Linie.“
Weitere Reden wurden von Azad Bakur von der TCŞ und von Ismail Kardaş von der Demokratischen Kurdischen Gemeinde Schweiz (CDK-S) gehalten. Anschließend lief der Demonstrationszug mit Parolen auf Deutsch, Kurdisch und Türkisch und mehreren Zwischenstopps zur Kaserne.
Demonstration in Dresden
In Dresden ist auf einer Demonstration Freiheit für alle politischen Gefangenen gefordert worden. Bei der Aktion wurde auch ein Ende der Isolation Abdullah Öcalans sowie die Aufhebung des PKK-Verbots in Deutschland gefordert. Zum Ende der Demonstration intervenierte die Polizei und stellte die Personalien einiger Aktivist:innen fest.
Demonstration in Duisburg
In Duisburg wurde gegen die Isolation von Abdullah Öcalan, die Angriffe auf Rojava und die Chemiewaffeneinsätze der Türkei gegen die Guerilla in Kurdistan protestiert. Die Demonstration war von einem Bündnis organisiert und startete am Hauptbahnhof. Zübeyde Zümrüt, Ko-Vorsitzende des kurdischen Dachverbands KON-MED, sagte in einer Rede, dass viele Kurd:innen sowohl besorgt als auch wütend seien, weil es seit fast zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu Öcalan gebe. „Wir wissen nicht, was im Moment auf Imrali geschieht. Weder Abdullah Öcalans Familie noch seine Anwältinnen und Anwälte haben Kontakt zu ihm. Deshalb sind wir heute hier. Solange Öcalan nicht freigelassen wird, kann es keinen Frieden im Nahen Osten geben.“ Hinsichtlich der Angriffe auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien (Rojava) sagte Zümrüt, dass das Erdogan-Regime zu vollenden versuche, was dem IS 2014 in Kobanê nicht gelungen sei. Die erfolgreiche Verteidigung von Kobanê sei bis heute eine Wunde für das von Erdogan vertretene Regime.
In weiteren Reden wurde auch auf die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich und das menschenrechtswidrige Vorgehen gegen geflüchtete Menschen in Europa eingegangen.
Demonstration in Hannover
Der Beginn einer Demonstration in Hannover verzögerte sich aufgrund von polizeilichen Provokationen. Zum Auftakt wurde daher getanzt und anschließend das Lied Çerxa Şoreşê (Das Rad der Revolution) im Gedenken an die Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes gesungen. Auf der Demonstration wurde auf kreative Weise ein großes Bild von Abdullah Öcalan sichtbar, als sich zahlreiche Aktivist:innen mit einzelnen Ausschnitten seines Konterfeis zusammenfanden. Der Protestzug führte zum türkischen Generalkonsulat und war von polizeilichen Übergriffen und faschistischen Provokationen begleitet.
Demonstration in Darmstadt
An einer Demonstration des kurdischen Verbands FCDK-KAWA in Darmstadt nahmen auch Hunderte Menschen aus den umliegenden Städten teil. Der Protestzug gegen die Isolation von Abdullah Öcalan führte bei eisigen Temperaturen vom Hauptbahnhof zum Luisenplatz.
Demonstration in Lübeck
In Lübeck demonstrierte die Initiative „Defend Kurdistan“ gegen die türkischen Angriffe auf Kurdistan und die Isolation von Abdullah Öcalan.