Demirtaş-Prozess: Drei AKP-Richter gegen einen HDP-Politiker
Im Prozess gegen den kurdischen Politiker Selahattin Demirtaş in der Türkei ist ein Befangenheitsantrag gegen die Richter abgelehnt worden. Demirtaş forderte Respekt vor der Justiz ein.
Im Prozess gegen den kurdischen Politiker Selahattin Demirtaş in der Türkei ist ein Befangenheitsantrag gegen die Richter abgelehnt worden. Demirtaş forderte Respekt vor der Justiz ein.
Im Prozess gegen den kurdischen Politiker Selahattin Demirtaş in der Türkei ist der Befangenheitsantrag gegen die Richter abgelehnt worden. An den beiden Verhandlungstagen gestern und heute in Sincan hat der ehemalige Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP) seinen Befangenheitsantrag damit erklärt, dass die Richter durch seine andauernde Untersuchungshaft im Juni die Wiederwahl Recep Tayyip Erdoğans zum Präsidenten unterstützt hätten. Zudem sei das Gericht der Argumentation der Regierung gefolgt, als es sich weigerte, dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Unrechtmäßigkeit seiner Untersuchungshaft nachzukommen.
Die heutige Verhandlung im Gefängniskomplex Sincan wurde von HDP-Abgeordneten und einer internationalen Abordnung verfolgt. Von den elf aus dem Ausland eingereisten Prozessbeobachter*innen wurden heute nur Margaret Owen und Ali Has aus Großbritannien, Eva Lena Jansson und Yilmaz Kerimo aus Schweden sowie der Linkspolitiker Hakan Taş als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses in den Gerichtssaal gelassen. Sechs Personen wurde der Zugang wegen fehlender Akkreditierung verweigert. Auch Journalistinnen und Journalisten wurden erneut nicht zugelassen.
„Ich bin mehr Jurist als Sie“
Demirtaş warf dem Gericht Amtsmissbrauch vor und forderte, nicht für dumm verkauft zu werden. An die Richter gewandt erklärte er: „Sie sind politischer als ich und ich bin viel mehr ein Jurist, als Sie es sind. Selbstverständlich ist das EGMR-Urteil für Sie bindend. Wir haben dafür zwei Jahre lang einen juristischen Kampf geführt und akzeptieren es nicht, dass dieses Urteil missachtet wird. Mein Auftrag ist es, die Würde der Menschen zu schützen, die mich gewählt haben. Wenn ich mich Erdoğan gebeugt hätte, wäre ich heute nicht im Gefängnis, sondern in seinem Palast.“
Demirtaş lehnte die Einführung entlastender Beweismittel in das Verfahren ab: „Hier richten drei AKP-Vertreter über einen HDP-Vertreter. Ich bin ein Präsidentschaftskandidat, den sechs Millionen Menschen gewählt haben. Lieber bleibe ich mein Leben lang im Gefängnis, als mich respektlos behandeln zu lassen.“
Das Gericht ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft an und vertagte die Verhandlung auf den 23. Januar.
Demirtaş drohen 142 Jahre Haft
Der ehemalige Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP) sitzt seit November 2016 in Untersuchungshaft im Hochsicherheitsgefängnis von Edirne. Für die Verhandlung wird ein Raum auf dem Gelände des Gefängniskomplexes Sincan genutzt.
Gegen Demirtaş laufen insgesamt 33 Verfahren. Wegen des Vorwurfs der „Gründung und Leitung einer Terrororganisation“, „Terrorpropaganda“, „Volksverhetzung” und „Billigung und Belobigung von Straftaten“ drohen dem 45-Jährigen bis zu 142 Jahre Haft.
Am 20. November verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei aufgrund der unrechtmäßigen Untersuchungshaft von Demirtaş und ordnete seine Freilassung an. Staatspräsident Erdoğan reagierte prompt und sagte, das Urteil sei nicht bindend.