Die türkische Armee hat den ganzen Winter über nahezu täglich die Guerillagebiete in Südkurdistan bombardiert. Im Vorfeld der am Sonntagabend gestarteten Großinvasion hatte die türkische Armee innerhalb von drei Tagen bereits knapp achtzig Luft- und Bodenangriffe auf die Medya-Verteidigungsgebiete durchgeführt. Der Krieg in Kurdistan findet in der internationalen Öffentlichkeit wenig Beachtung. Özlem Alev Demirel, außen- und friedenspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zu den völkerrechtswidrigen Angriffen der türkischen Armee in der Kurdistan-Region Irak:
„Wieder einmal greift die türkische Armee zeitgleich mehrere Gebiete im Irak-Kurdistan an. Ziel der großangelegten Luft- und Bodenoffensive ist wieder die PKK-Guerilla im Norden Iraks, doch wieder einmal wird auch die Zivilbevölkerung getroffen. Ähnliche Operationen gab es auch im letzten Jahr. Der türkische Staat deklariert sein völkerrechtswidriges Vorgehen mit dem zynischen Argument der ‚Selbstverteidigung‘!“
„Nicht-Reaktion der EU und der NATO“
„Interessant sind auch die Reaktionen auf diese militärischen Operationen. Während die kurdische Regionalregierung in Erbil (Demokratische Partei Kurdistans -KDP) das militärische Eingreifen der Türkei offenbar indirekt unterstützt, kritisiert die irakische Zentralregierung den völkerrechtswidrigen türkischen Angriff auf ihr Territorium. Die Operationen begannen im Anschluss des Besuches des kurdischen Ministerpräsidenten Masrur Barsani in Ankara, wo er den türkischen Präsidenten Erdogan und Geheimdienstchef Fidan traf. Der schiitische Anführer Mukteda Sadr, dessen Bewegung aus den letzten Wahlen in Irak als die stärkste Kraft hervorging, bewertete die Operationen des türkischen Militärs als ‚Verletzung der Souveränität Iraks‘. Die Bombardierungen seien ‚grundlos und ungerechtfertigt‘ und falls die Operationen weitergeführt werden, werde Irak diesen ‚nicht tatenlos zusehen‘. Noch auffallender aber ist die Reaktion beziehungsweise Nicht-Reaktion der EU, der NATO sowie ihrer Mitgliedsstaaten. Prinzipien wie Souveränität, territoriale Integrität etc. scheinen nur in Europa zu gelten beziehungsweise nur da, wo die USA und die EU ihre Interessen als Großmächte gefährdet sehen!“
Unterdrückung im Namen des „Antiterrorkampfes“
Özlem Alev Demirel ruft „die türkische Regierung auf, ihre militärischen Operationen und Eingriffe im Irak sowie in Syrien umgehend zu beenden, denn diese führen zu Tod und Leid und verhindern das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Völker in der Region. Die berechtigten demokratischen Forderungen der in der Türkei und ihren Nachbarstaaten lebenden Kurd:innen dürfen nicht mit der Politik des ‚Kampfes gegen den Terror‘ unterdrückt werden. Statt fortwährender militärischer Interventionen gegen Kurd:innen in Nachbarstaaten und deren politischer Unterdrückung in der Türkei selbst, braucht es endlich eine politische nachhaltige Lösung auch der sogenannten Kurdenfrage. Auch die Kurd:innen müssen das Recht bekommen, ihre Zukunft gleichberechtigt und selbstbestimmt gestalten zu können.
Erneut dient diese Offensive des türkischen Militärs den Herrschenden in der Türkei dazu, den Nationalismus im Inneren zu bestärken, um mit ihr von den wirklichen wirtschaftlichen und sozialen Problemen des Landes abzulenken und die Opposition für Demokratie und Gleichberechtigung zu unterdrücken.“