In Südkurdistan sind die offiziellen Newrozfeierlichkeiten am 21. März aufgrund der Infektionsgefahr mit dem Coronavirus abgesagt worden. Der Gouverneur von Hewlêr (Erbil) erklärte heute vor der Presse, dass in der Region bisher noch kein Coronafall aufgetreten sei. Als Vorsichtsmaßnahme sind die Schulen geschlossen worden, Einreisende aus Ländern, in denen das Virus verbreitet ist, sollen eine Gesundheitskontrolle unterzogen werden. Auch in Silêmanî sind alle großen Veranstaltungen abgesagt worden.
Im Iran sind am Mittwoch vier weitere Menschen an dem Virus gestorben. Nach offiziellen Angaben hat sich die Anzahl der Toten auf 19 erhöht, 139 Infektionsfälle sind festgestellt worden. „Reporter ohne Grenzen“ wirft dem Iran die Verschleierung von Informationen über die Epidemie „nach dem Vorbild Chinas“ vor und verurteilt die Verfolgung von Medien und Journalisten, die unabhängige Informationen veröffentlichen.
Das Vorhandensein des als Covid-19 bekannten Coronavirus im Iran wurde plötzlich aufgedeckt, als regierungsfreundliche Medien am 20. Februar berichteten, dass zwei Iraner in der heiligen Stadt Qom gestorben seien, nachdem sie positiv auf das Virus getestet worden waren. „Seitdem bestehen die Behörden darauf, die Situation unter Kontrolle zu haben, aber sie haben sich geweigert, genaue Zahlen zu den Todesfällen und Infektionen zu veröffentlichen, und haben Journalisten, die versuchen, über die Geschichte zu berichten, behindert“, schreibt „Reporter ohne Grenzen“ in einer heute veröffentlichten Stellungnahme:
Der freischaffende Journalist Mohammad Mosaed wurde am 23. Februar von Geheimdienstmitarbeitern der Revolutionsgarde im Zusammenhang mit den Nachrichten, die er in den sozialen Medien über die Epidemie veröffentlicht hatte, vorgeladen und verhört. Nach der Befragung wurde er freigelassen, aber sein Telefon und sein Computer wurden beschlagnahmt, und seine Twitter- und Telegrammkonten wurden geschlossen.
Der Parlamentsabgeordnete aus Qom, Ahmad Amir Abadi Frahani, machte am nächsten Tag in einer Erklärung an die Presse auf ein Beispiel für die Desinformation der Regierung aufmerksam. ‚Die Epidemie begann vor drei Wochen, aber das Gesundheitsministerium verzögerte die Ankündigung‘, behauptete er. ‚In zwei Wochen sind in Qom 50 Menschen durch das Virus getötet worden.‘ Die erste Quelle des Ausbruchs soll eine Koranschule in der Stadt gewesen sein, die muslimische Religionsschüler aus China aufnimmt.
Der Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, Iraj Harirchi, wies die Behauptung Frahanis sofort zurück und verurteilte in Anlehnung an den zwei Tage zuvor vom Obersten Führer Ali Khamenei verwendeten Begriff einen ‚Propagandakrieg‘. Am nächsten Tag wurde sowohl Frahani als auch Harirchi mitgeteilt, dass sie mit dem Virus infiziert seien.
In den sozialen Medien protestierten die Journalisten gegen die Zensur, die Lügen und die Inkompetenz der verantwortlichen Beamten. Internet-Nutzer haben auch berichtet, dass die vom Johns Hopkins Centre for Systems Science and Engineering erstellte Online-Karte, die Fälle des Coronavirus Covid-19 weltweit nahezu in Echtzeit verfolgt, in verschiedenen iranischen Städten nicht zugänglich ist.
Als Reaktion auf die Online-Proteste gab der Leiter der Cyber-Polizei der FTA, Vahid Majid, bekannt, dass etwa 30 Personen in verschiedenen Provinzen verhaftet und der ‚Verbreitung falscher Nachrichten über die Verbreitung des Virus im Internet‘ beschuldigt wurden.
„Im vergangenen Jahr hat die Islamische Republik Informationen über Krisen und Katastrophen, über Überschwemmungen, Massenproteste und den Absturz des ukrainischen Passagierjets verschwiegen", sagte Reza Moini, der Leiter des Iran-Referats der RoG. „Die Achtung des in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerten Rechts der Öffentlichkeit auf eine vollständige, unabhängige, vielfältige und qualitativ hochwertige Nachrichtenberichterstattung ist der beste Weg, die Bevölkerung zu schützen und Gerüchte zu bekämpfen. Das Zurückhalten von Informationen kann töten."
Im RoG-Weltpressefreiheitsindex 2019 rangiert der Iran auf Platz 179 von 180 Ländern.