In einer Fragestunde am 6. November 2019 hatte Bundesaußenminister Heiko Maas erklärt, die Angriffe der Türkei würden „im Moment nicht fortgesetzt“. Real greift die türkische Armee und vor allem das von der Türkei kommandierte Dschihadistenbündnis SNA (Syrische Nationalarmee) insbesondere die vor allem von christlichen Suryoye bewohnten Ortschaften um Til Temir an und versucht die Besatzungszone nach Süden auszudehnen. Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) leisten erbitterten Widerstand. Dutzende Kämpfer*innen der QSD sind im Widerstand gefallen. Insbesondere um die Straße M4 toben heftige Gefechte. Auch syrische Soldaten sterben bei dem türkischen Angriffskrieg. Insofern kann von einer Waffenruhe keine Rede sein.
Diese Tatsachen nahm die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zum Anlass nachzufragen, wie der Außenminister dazu kommt, von einer Waffenruhe in der Region zu sprechen. Die Bundesregierung antwortete, es fänden ihrer Kenntnis nach „kleinere Gefechte am Rand der unter türkischer Kontrolle stehenden Gebiete in Nordsyrien statt“. Ulla Jelpke kommentierte diese Antwort: „Die Angriffe der Türkei und ihrer dschihadistischen Söldner auf Nordsyrien gehen mit unverminderter Härte weiter. Doch die Bundesregierung zieht sich angesichts der fortgesetzten Kriegsverbrechen ihrer NATO-Partnerin auf die bequeme Position der drei Affen zurück: nicht sehen, nichts hören, nichts sagen.“
Heiko Maas hatte am 6. November auch Konsequenzen angekündigt, falls der Waffenstillstand von Seiten der Türkei gebrochen werde. Auch danach fragte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Die Bundesregierung schmetterte die Nachfrage mit dem Nebensatz ab, sie nehme zu „hypothetischen Fragen keine Stellung“.
Jelpke: Christliche Gemeinschaften in Til Temir vor der Auslöschung
Die Abgeordnete warnte: „Im Gebiet um die syrische Stadt Tell Tamer droht derzeit einer der letzten christlichen Gemeinschaften in Nordsyrien die Auslöschung. Doch die Bundesregierung verharmlost die ethnischen Säuberungen als ‚vereinzelt kleinere Gefechte am Rand der unter türkischer Kontrolle stehenden Gebiete in Nordostsyrien‘. Die Bundesregierung ermutigt nicht nur durch ihr Schweigen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ihrer NATO-Partnerin Türkei, die Besetzung syrischen Territoriums und die Vertreibung hunderttausender Kurden, Araber und assyrischer Christen. Deutschland hat auch die materiellen Mittel für diese Verbrechen zur Verfügung gestellt. So dokumentierte selbst die BILD-Zeitung, dass die dschihadistischen Kampfgruppen unter dem Schutz von Leopard-II-Panzern vorrücken.“
Jelpke fordert stattdessen: „Notwendig ist jetzt ein sofortiges und vollumfängliches Waffenembargo gegen die Türkei. Hermes-Bürgschaften für Türkei-Investitionen deutscher Unternehmen müssen eingefroren werden. Gegen die türkische Staatsführung müssen Sanktionen ergriffen werden. Die Bundesregierung muss klipp und klar erklären, dass es von deutscher Seite keinerlei politische oder finanzielle Unterstützung für die türkischen Besatzungs-, Vertreibungs- und Umsiedlungspläne bezüglich Nordsyrien geben wird.“
Schriftliche Frage und Antwort sind hier einzusehen: https://www.ulla-jelpke.de/wp-content/uploads/2019/11/SF-Nr.-11-120-Waffenstillstand-Syrien.pdf