Bundesanwaltschaft klagt Iraker wegen Völkermord an

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen Iraker erhoben, der als Mitglied der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat” ein fünfjähriges Mädchen ermordet haben soll. Das ezidische Kind verdurstete angekettet in der Sonne.

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen Iraker wegen Mord, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen erhoben. Taha A.-J. soll sich als früheres Mitglied der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat” (IS) vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main verantworten, teilte die Bundesanwaltschaft am Freitag mit.

A.-J. und seine aus Lohne in Niedersachsen stammende Ehefrau Jennifer W. haben sich nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft 2013 dem sogenannten IS angeschlossen. In der Stadt Falludscha, die später im Herrschaftsgebiet des IS lag, sollen sie 2015 die Ezidin Nora T. und ihre fünfjährige Tochter Rania aus einer Gruppe von Gefangenen gekauft und als Sklavinnen gehalten haben. Beide wurden schwer misshandelt, gab die Mutter des Mädchens vergangenen Sommer im Prozess gegen Jennifer W. an, die in München vor Gericht steht. Ihr zufolge wurde Rania bei 45 Grad Hitze in der prallen Sonne angekettet. Zur Strafe, weil die Fünfjährige ins Bett gemacht hatte. Qualvoll sei ihr Tod gewesen, den die Mutter hilflos mitansehen musste.

Taha A.-J. habe den Tod des Mädchens billigend in Kauf genommen. Seine Ehefrau Jennifer W. habe tatenlos zugesehen, wie sie in einem abgehörten Gespräch selber geschildert hat. Sie ist wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Mordes und Kriegsverbrechen angeklagt. Es ist der erste Prozess in Deutschland gegen eine IS-Rückkehrerin.

Der angeklagte Taha A.-J. sitzt seit Oktober 2019 in Untersuchungshaft. Im Mai 2019 wurde er in Griechenland festgenommen und später nach Deutschland überstellt. 

Mindestens 2500 Ezidinnen und Eziden weiterhin vermisst

Vor dem Angriff auf Şengal lebten in der Region, die als Hauptsiedlungsgebiet der Ezid*innen gilt, etwa 420.000 Menschen. Mit dem IS-Überfall auf Şengal am 3. August 2014 wurden Tausende ermordet und etwa 6000 Menschen entführt. Während der Angriffe befanden sich etwa 300.000 Ezidinnen und Eziden in direkter Lebensgefahr. 3451 von ihnen konnten bei Operationen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) in den letzten Jahren befreit werden. Mindestens 2.500 Ezid*innen gelten immer noch als vermisst.