Mit einem Brunch haben kurdische, feministische und internationalistische Strukturen aus Hannover am Samstag die zweite Phase der internationalen Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage“ eingeleitet. Eingeladen dazu hatte die feministische Organisierung „Gemeinsam kämpfen“ zusammen mit NAV-DEM – Demokratisches Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden in Hannover e.V. Ihrer Einladung folgten Aktive der Interventionistischen Linken, Fridays for Future, Solinet, der Linkspartei und Linksjugend solid sowie der Ortsgruppen vom Netz der Rebellion, Rote Hilfe und Ende Gelände.
Gemeinsam Kämpfen und NAV-DEM waren bereits zum Auftakt der Initiative für die Freiheit des seit 1999 in der Türkei inhaftierten PKK-Begründers und einer Lösung der Kurdistan-Frage in Hannover öffentlich in Erscheinung getreten, um mit einer Pressekonferenz auf das Anliegen der Kampagne aufmerksam zu machen. Seither waren Öcalan und seine Philosophie immer wieder Thema in der Landeshauptstadt Niedersachsens. Eine Vorstellung der Kampagne sowie ein Rückblick auf die Aktionen der vergangenen sechs Monate waren daher das erste Thema, dem sich die anwesenden Gruppen beim Brunch nach der Begrüßung widmeten.
Inszenierung des Komplotts gegen Öcalan
Speziell für Hannover wurde von Kundgebungen, Lesungen im öffentlichen Raum, einem lokalen Lesekreis, der sich mit Öcalans Philosophie befasst, und einer Theatergruppe berichtet. Letztere arbeitet bereits seit vier Monaten an einer Inszenierung, welche die verschiedenen Etappen des „internationalen Komplotts“, wie die kurdische Bewegung die Phase der erzwungenen Reise Öcalans aus Syrien im Jahr 1998 bis zu seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia in die Türkei im Jahr darauf bezeichnet, darstellen wird.
Öcalan auch eine Lösung der ökologischen Frage
Anschließend gab es Gespräche darüber, welche Bedeutung Abdullah Öcalan auch für die Lösung der ökologischen Frage hat. Auch wenn sich noch nicht alle Anwesenden tiefer mit den Texten von Abdullah Öcalan befassten, waren sie sich einig, dass die Freiheit des 75-Jährigen „von großer Bedeutung“ sei. Ein Mensch und zugleich ein Repräsentant eines gesamten Volkes könne nicht „auf solch menschenverachtende Weise“ gefoltert und isoliert werden. „Hinzu kommt, dass Öcalan nicht für eine Straftat inhaftiert wurde, sondern für seine politische Philosophie, die eine Lösungskraft für die großen Probleme unserer Zeit beinhaltet. Territoriale Kriege und die Ausbeutung von Natur und Menschen sind nicht Folge des menschlichen Schicksals. Sie sind Folge vom Patriachat, welches sich in 5000 Jahren über die Welt ausgebreitet hat. Abdullah Öcalan hat die Gabe, zu analysieren und Lösungen zu formulieren. Dass diese Lösungen funktionieren, sehen wir an den Errungenschaften der Freiheitsbewegung Kurdistans und der Revolution in Rojava, die sich über Nord- und Ostsyrien ausgebreitet hat. Wir sehen es auch an dem anhaltenden Widerstand gegen Faschismus und Assimilation in allen vier Teilen Kurdistans - in den Staatsgrenzen der Türkei, Syrien, Irak und Iran. Und wir sehen es auch in der Avantgarde der kurdischen Frauen, die im Sinne der Jineolojî - der Wissenschaft der Frau - auf der Suche nach sich selbst, der Suche nach der wahren Identität der Frau und der Suche nach Freiheit, eine neue freie Gesellschaft aufbauen.“
Es gibt 1001 Gründe für die Freiheit von Abdullah Öcalan
Es gäbe 1001 Gründe für die Freiheit von Abdullah Öcalan, betonten die Organisatorinnen des Brunchs. „Es ist wichtig wiederholt zu benennen, was seine Rolle in dieser politischen Realität sein kann, in welcher der Faschismus immer deutlicher zu Tage tritt. Sein Konzept der demokratischen Nation im Verbund mit dem demokratischen Konföderalismus weist uns eine Zukunft für Frieden und Solidarität zwischen den Völkern. Auch hier im Zentrum der kapitalistischen Moderne bietet Öcalans Philosophie uns Lösungsansätze und eine Perspektive gegen Vereinzelung, Krieg, Sexismus, Konkurrenz, Ausbeutung und Gesellschaftliche Hierarchisierung“, hieß es außerdem.
Lokale Vernetzung
Auch wurde darüber diskutiert, wie die lokale Vernetzung internationalistischer Gruppen in Hannover weiter Form annehmen kann. Ein Aktivist formulierte das Ziel mit einer Metapher: „Wir wollen uns wie Spinnen in einem Netz miteinander verbinden: Wenn es an einer Stelle Unterstützung braucht und das Netz in Schwingung kommt, dann bekommen wir es alle mit und bilden eine Einheit. So muss Internationalismus funktionieren!“
Planungen zur Offensive
Es wurde geplant, im Sinne von „Kämpfe verbinden“ im Mai eine öffentliche Lesung von Öcalans Texten an der im Vorjahr gerodeten Fläche in der Leinemasch stattfinden zu lassen. Die Leinemasch ist ein Naturgebiet am Messesüdschnellweg, welcher nun nach der Rodung ausgebaut wird. Um dies zu verhindern, gab es eine Waldbesetzung und eine Bürgerinitiative, welche sich für den Erhalt der Bäume und der Verhinderung des Schnellwegausbaus einsetzte. Die Bürgerinitiative macht noch stets jeden Sonntag eine Mahnwache.
Auch wurde besprochen, sich an der Aktionswoche zu beteiligen, die von der Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan“ ausgerufen wurde und vom 15. bis zum 22. Juni international stattfinden wird. Die Theatergruppe plant, die Inszenierung zum Komplott bis dahin abgeschlossen zu haben und sie in diesem Rahmen zu präsentieren.