BAW klagt IS-Anhängerin wegen Mitgliedschaft an

Die Bundesanwaltschaft hat gegen die IS-Anhängerin Nurten J. Klage wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhoben. Insbesondere geht es um die Versklavung einer Ezidin.

Die juristische Aufarbeitung der Verbrechen des „Islamischen Staat” (IS) steht erst am Anfang. Nun hat die Bundesanwaltschaft eine weitere Klage gegen ein mutmaßliches IS-Mitglied wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ erhoben. Die deutsche Staatsbürgerin Nurten J. wird sowohl nach dem Völkerstrafgesetzbuch, mit dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen geahndet werden, als auch nach dem Paragrafen 129a/b StGB angeklagt. Zudem wird ihr zur Last gelegt, ihre damals dreijährige Tochter mit nach Syrien zum IS genommen zu haben.

In ihrer Presseerklärung teilt die BAW mit, Nurten J. habe durch ein „Heiratsbüro“ des IS ein ebenfalls aus Deutschland ausgereistes hochrangiges IS-Mitglied geehelicht und sich mit ihrer Familie in einer vom IS beschlagnahmten Wohnung niedergelassen. Die Angeklagte sei stets bewaffnet gewesen und habe in den Jahren 2016 bis 2017 mindestens 50 Mal die Arbeitskraft einer versklavten Ezidin missbraucht. Die Ezidin war zuvor im Rahmen des IS-Genozids aus der Şengal-Region verschleppt und einer Freundin von Nurten J. als Sklavin verkauft worden. Nurten J. befand sich nach der Zerschlagung der Territorialherrschaft des IS in Gefangenschaft der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) und reiste anschließend in die Türkei, von wo aus sie nach Deutschland abgeschoben wurde.

Wie die Angeklagte in die Türkei kam, ist unbekannt. Vermutlich entkam die Islamistin aus dem Internierungslager Hol (al-Haul) im nordostsyrischen Hesekê. Das Camp beherbergt etwa 65.000 Personen aus 50 verschiedenen Ländern, darunter tausende IS-Familien, die nach der Einnahme der letzten Bastion der islamistischen Terrororganisation in Ostsyrien im März letzten Jahres von den QSD aufgegriffen wurden. Es gilt als eines der gefährlichsten Lager der Welt. Mehreren gefangenen IS-Anhängerinnen gelang bereits die Flucht aus dem Lager, teilweise mit Unterstützung des türkischen Geheimdienstes MIT.

Die Dschihadistin wurde am 24. Juli 2020 nach ihrer Einreise in Deutschland festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

Im Moment drei Verfahren wegen Şengal-Genozid in Deutschland

Im Şengal-Genozidkomplex laufen im Moment zwei weitere Verfahren. Ein Prozess in Frankfurt am Main richtet sich gegen den IS-Dschihadisten Taha A.-J. unter dem Vorwurf des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen gegen Personen, Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft, dem Mord an einem fünfjährigen ezidischen Mädchen sowie der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach Paragraph 129b. Im gemeinsamen Haushalt mit seiner islamisch angetrauten Ehefrau, der deutschen Dschihadistin Jennifer W., wurden eine ezidische Mutter und ihr Kind gefangen gehalten und schwer misshandelt. Da das Kind ins Bett machte, wurde es bei 50 Grad auf dem Hof angekettet und verstarb unter Rufen nach seiner Mutter. Jennifer W. hatte bei dem Mord tatenlos zugesehen. Gegen sie wird das dritte Verfahren im Şengal-Komplex geführt.