Der Vorsitzende des rechtsextremen, ultranationalistischen Koalitionspartners der türkischen Regierung, Devlet Bahçeli (MHP), hat ein Verbot für die Demokratische Partei der Völker (HDP) gefordert. Hintergrund ist eine Erklärung zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember, in der über 800 Personen aus Wissenschaft, Medizin, Anwaltschaft und Medien dem Regime in der Türkei autoritäre und totalitäre Züge bescheinigen und radikale Schritte zur Stärkung der Menschenrechtslage verlangen. Zu den Forderungen der Unterzeichnenden zählen unter anderem eine nicht-diskriminierende Amnestie, die auch die Freilassung der politischen Gefangenen umfasst, sowie die Entlassung oppositioneller Medienschaffender sowie Politikerinnen und Politiker, die trotz entsprechenden Urteilen des türkischen Verfassungsgerichtshofs und des Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR) weiterhin im Gefängnis sind. Gemeint sind etwa der ehemalige HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtaş und der Bürgerrechtler Osman Kavala.
Es seien die „altbekannten vermeintlichen Intellektuellen, gemietete Schreiberlinge und identitätslosen Akademiker“, allesamt „verfaulte Personen“, die eine „demütigende Auftragserklärung“ abgegeben hätten, beklagte der ultranationalistische Greis Devlet Bahçeli im Kurznachrichtendienst Twitter. Die Verfassenden des Aufrufs hätten sich in die „Schlange des Verrats“ eingereiht, um ihr Futter abzuholen. Die HDP bezeichnete Bahçeli als ein „Gebilde aus Hass und Verrat“, das sich hinter Demokratie, Freiheit und Menschenrechten verstecke und die Türkei herausfordere. „Die HDP ist ein Terrorproblem, ein separatistisches Nest, ein aufwieglerischer Haufen und eine verruchte Waffe, die ihr Visier gegen unsere demokratische Sicherheit richtet.“ So dürfe es nicht weitergehen, forderte Bahçeli. Recht und Justiz müssten sich unbedingt einschalten, damit unverzüglich ein Schloss am Tor der HDP angebracht werde, das nicht mehr geöffnet wird. „Die Fähigkeit der türkischen Politik, die HDP zu tragen, ist vorbei. Dieses Nest aus Terror und Separatismus muss geschlossen werden.“
Die HDP-Zentrale in Ankara reagierte ebenfalls auf Twitter und legte Bahçeli nahe, den Mund zu halten. „Diejenigen, die sich an die Regierung lehnen und im bequemen Schatten des Palastes Zuflucht suchen, um ihr mafiöses Treiben fortzusetzen, sind die wahren Feinde dieses Landes. Ihnen zum Trotz werden wir dieses Land demokratisieren.“ Statt Forderungen nach einem Parteiverbot für die HDP zu stellen, sollte Bahçeli lieber seinen Mund schließen. „Damit würden Sie der Zukunft dieses Landes einen großen Gefallen tun.“
Es ist nicht das erste Mal, dass Devlet Bahçeli die HDP und oppositionelle Stimmen als Terroristen diffamiert und gegen Andersdenkende hetzt. Zuletzt hatte der Faschist die Schließung der türkischen Ärztekammer gefordert. Der Verband sei „so gefährlich wie Corona“, Proteste gegen die Normalisierungspläne der Regierung seien ein „verräterischer Akt“.