Aydeniz: Durch gemeinsamen Kampf können wir uns befreien

Die Türkei durchlebt im Moment eine sehr finstere Phase, aus der sich die Menschen nur durch einen gemeinsamen Kampf befreien können, erklärt die Ko-Vorsitzende der DBP, Saliha Aydeniz.

Die Ko-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Regionen (DBP), Saliha Aydeniz, hat sich gegenüber ANF zu der Unterdrückung und dem Kampf um Demokratie in der Türkei und Nordkurdistan geäußert: „Wenn man die aktuelle Situation verstehen will, dann muss man sich die Zeit, in der die AKP und die MHP ihre Koalition gebildet haben, ansehen. Das Wahlergebnis vom 7. Juni 2015 war das Ergebnis der gesellschaftlichen Basis, die durch die Imrali-Gespräche von 2013 bis 2015 geschaffen worden war. Es war ein Ergebnis der Hoffnung auf gesellschaftlichen Frieden.

Nach den Wahlen am 7. Juni haben AKP und MHP in der Türkei ein faschistisches System installiert. Es handelt sich um eine Diktatur. Wir sind mit Verhältnissen in der Türkei konfrontiert, die immer schlimmer, immer monistischer, immer repressiver und gewalttätiger werden. Diese Situation sollte im Zusammenhang mit den vergangenen hundert Jahren Politik in der Republik Türkei betrachtet werden. Die Republik Türkei ist ein Staat, der durch den türkischen Nationalismus existiert. Gegen diesen türkischen Nationalismus haben insbesondere die Kurdinnen und Kurden, aber auch die anderen in der Türkei lebenden Völker gekämpft. Gegen die 100-jährige Verleugnungs- und Vernichtungspolitik, die Geschehnisse nach dem Militärputsch 1980, die Morde ‚unbekannter Täter‘ in den neunziger Jahren, die Dorfzerstörungen und die Vertreibungen, haben die Kurden einen unermüdlichen Kampf für die Anerkennung ihres Landes, ihrer Sprache, ihrer Natur, ihre Geschichte und eines Status gekämpft.“

Angriffe auf alle vier Teile Kurdistans

Zu den Versprechen, welche die AKP gemacht hat, als sie an die Macht kam, erklärt Aydeniz: „Im Jahr 2002 behauptete die AKP, dass sie, wenn sie allein an der Macht sei, die Verbote aufheben, die Armut beseitigen und die Korruption beenden würde. Aber wir sehen, wohin sie die Türkei heute gebracht hat. Die Verbote sind so extrem wie nie zuvor und die Korruption wird mittlerweile ganz offen betrieben. Die AKP-Regierung versucht tatsächlich, zusammen mit der MHP und dem tiefen Staat ein diktatorisches System zu schaffen. Als die Regierung der Türkei feststellen musste, dass sie das kurdische Volk nicht durch Repression, Unterdrückung und Assimilation besiegen können würde, ist sie mit der MHP ein Bündnis eingegangen, um die kurdischen Freiheitsbestrebungen ein für alle Mal zu vernichten.

Wenn wir uns die vergangenen fünf Jahre ansehen, so können wir feststellen, dass wir es mit einer großen Feindseligkeit gegenüber den Kurden zu tun haben. Abdullah Öcalan wird aufgrund seines unschätzbar wertvollen Kampfes isoliert. Es wird Kriegstreiberei betrieben und das ganze Land ist in ein Gefängnis verwandelt worden. Die faschistische Regierungskoalition hat die finstersten Kräfte zusammengebracht und sie auf die Plünderung und Vernichtung der Sprache, Kultur und des Landes des kurdischen Volkes angesetzt. Die Kurden wurden aufgrund ihres Wunsches nach Demokratie und gesellschaftlichem Frieden als Hindernis für dieses System angesehen. Deswegen werden alle vier Teile Kurdistans angegriffen.“

Das Regime will alle Widersprüche mit seiner Kriegspolitik verdecken

Aydeniz fährt fort: „Die Regierung hat juristisch, ökonomisch und politisch nichts zu bieten. Das einzige, was sie tut, ist jeden Widerspruch mit ihrer Kriegspolitik zu verdecken. Jedem, der etwas von einer Wirtschaftskrise sagt, antwortet sie mit Worten wie: ‚Was kostet schon eine Kugel, wir kämpfen gegen den Terror‘. Die Justiz wird vom Palast beherrscht. Jeden Tag werden Menschen angegriffen, die versuchen, ein Bewusstsein und die Bedingungen für eine gesellschaftliche Selbstbestimmung zu schaffen.

Die Femizide haben ein Höchstniveau erreicht. Viele Morde werden direkt von Soldaten, Polizisten und Beamten verübt, und sie werden durch Anweisungen des Innenministeriums und der Gouverneursämter an die Justiz vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt. Wenn wir das alles nebeneinander legen, können wir sagen, dass die heutige Regierung eine Macht der Finsternis ist. Die Kurdinnen und Kurden kämpfen zusammen mit den demokratischen Kräften dagegen."

Ohne Lösung der kurdischen Frage wird sich die Lage weiter verschlimmern

„Alle wissen, dass die Lösung der bestehenden Krisen eng mit einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage verwoben ist. In Kurdistan wird um den Aufbau einer politischen Einheit und in der Türkei um eine gemeinsame Basis für den demokratischen Kampf gerungen. Die Regierung hat ihre Legitimität verloren und versucht sich mit ihrer Kriegspolitik, mit Unterdrückung, Gesetzlosigkeit und Verboten auf den Beinen zu halten. Die Kriegspolitik im Inland spiegelt sich auch in der Außenpolitik wider. Das Regime greift sowohl Libyen als auch den Irak und Syrien an, und auch im östlichen Mittelmeer schürt es den Konflikt mit Griechenland. Aus allen Regionen werden Kriegsbilder gezeigt, aber eigentlich wird gar nicht überall gekämpft, denn so stark sind die Machthabenden nicht. Es geht ihnen vor allem darum, die Meinung im Inland zu manipulieren.

Im Moment befindet sich die Welt wirtschaftlich, politisch und sozial in einer Krise. Die Regierung versucht diese Krise für den eigenen Machterhalt zu benutzen. Der Kampf des kurdischen Volkes hat in der Vergangenheit viele Regierungen gestürzt und auch die faschistische Macht der AKP und MHP ist am Ende. Ohne eine Lösung der kurdischen Frage wird der Türkei eine noch düsterere Zukunft bevorstehen.

Wenn die Völker auf der Grundlage eines sozialen Friedens zusammenkommen, kann die Türkei diesen dunklen Tagen entkommen. Als ein Volk mit einem Vermächtnis aus langem Kampf und Widerstand wissen wir, dass zuletzt diejenigen siegen werden, die Widerstand leisten und Licht ins Dunkel bringen. Die AKP versucht, ihre Macht mit einer Politik des Krieges, der Gewalt und der Massaker aufrechtzuerhalten. Wir glauben, dass wir, wenn wir gemeinsam dagegen kämpfen und Seite an Seite stehen, aus diesen dunklen Tagen herauskommen werden. Wir werden unseren Kampf fortsetzen, aber wichtig ist, dass wir gemeinsam kämpfen können.“