Vor knapp zwei Wochen sind zwei Kurden zwischen Wan und Şirnex bei der Feldarbeit von türkischen Militärs festgenommen und in einen Hubschrauber verfrachtet worden. Zwei Tage später stellte sich heraus, dass sich Servet Turgut (55) und Osman Şiban (50), Väter von sieben bzw. acht Kindern, auf der Intensivstation des Lehr- und Forschungskrankenhauses von Wan befinden und mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Hubschrauber gestoßen worden sind. Für Turgut besteht weiter Lebensgefahr, Şiban leidet unter Amnesie und ist inzwischen nach Mersin gebracht worden.
Cengiz Şiban
Osman Şibans Bruder Cengiz Şiban war bei der Festnahme dabei. Wie er gegenüber MA erklärte, ist Servet Turgut bei der Heuernte auf seinem Feld festgenommen worden. Er selbst habe mit seinem Bruder Tee getrunken, als dieser festgenommen wurde. Beide seien zu diesem Zeitpunkt bei bester Gesundheit gewesen und in diesem Zustand in den Hubschrauber gesetzt worden. Als Servet Turgut nach der Festnahme zunächst ins Dorf gebracht worden sei, habe er keine Wunden am Körper gehabt: „Beide waren unverletzt, als sie in den Hubschrauber stiegen. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Ich war dabei, als mein Bruder festgenommen wurde. Drei Tage später erfuhren wir von Verwandten, dass beide auf der Intensivstation sind.“
Sturz aus der Höhe
Eine Abordnung der Demokratischen Partei der Völker (HDP) hat am Dienstag Wan besucht, um den Vorfall zu untersuchen und mit den behandelnden Ärzten zu sprechen. Wie der HDP-Abgeordnete Ridwan Turan hinterher gegenüber ANF erklärte, sprechen auch die Informationen der Ärzte dafür, dass die Verletzungen von einem Sturz aus der Höhe verursacht worden sind. „Die Verletzten befanden sich in verschiedenen Krankenhäusern. Osman Şiban war sogar schon entlassen worden und ist in der Nacht von zu Hause abgeholt und ins Militärkrankenhaus gebracht worden. Wir haben mit den Ärzten gesprochen. Der Chefarzt sagte, dass Servet Turgut durch einen Sturz aus der Höhe mehrfache Traumata und eine Hirnblutung erlitten hat. Nach Angaben des Arztes ist sein Zustand nicht gut. Ich bin selbst Arzt und kann bestätigen, dass alle Befunde auf einen Sturz aus großer Höhe hinweisen. Da es Zeugen gibt, die gesehen haben, dass die beiden Betroffenen in einen Hubschrauber steigen mussten, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie hinuntergestoßen wurden.“
Neuauflage des Neunziger-Jahre-Konzepts
Alle Fakten würden gegen die Darstellung des Gouverneurs sprechen, dass die Betroffenen auf der Flucht von einem Felsen gestürzt seien, meint der HDP-Abgeordnete und verweist darauf, dass die Hubschrauber-Methode in den neunziger Jahren gängige Praxis des Staates gegen die kurdische Bevölkerung war: „In der letzten Zeit kommt es auch vermehrt zu Fällen von Festnahmen und Verschleppungen durch Unbekannte. Gerade in den ländlichen Gebieten in Wan ist die Situation brisant. Der Bevölkerung wird damit nahegelegt, die Gegend zu verlassen. Zuletzt ist der Sprecher unseres Jugendrats verschleppt worden. Dass das Vernichtungs- und Verleugnungskonzept aus den neunziger Jahren neu aufgelegt wird, ist besorgniserregend.“