Armenier in Schwerin: Man hört uns nicht!
Armenier*innen und solidarische Menschen haben in Schwerin für ein Ende des Krieges im Kaukasus demonstriert.
Armenier*innen und solidarische Menschen haben in Schwerin für ein Ende des Krieges im Kaukasus demonstriert.
Armenien beziehungsweise die armenische Kaukasusrepublik Arzach (Bergkarabach) steht unter Beschuss. Seit dem 27. September 2020 eskalieren die Kampfhandlungen durch das massiv von der Türkei unterstützte Aserbaidschan gegenüber Armenien. Die Gefechte entwickeln sich zu den blutigsten Kämpfen seit den 1990er Jahren – trotz der drei inzwischen vereinbarten Waffenstillstandsvereinbarungen.
Um gegen diese gegen jedes Völkerrecht verstoßende aggressive und kriegerische Politik und auf den damit verbundenen Tod vieler unschuldiger Zivilist*innen aufmerksam zu machen und zu protestieren, versammelten sich gestern auf dem Bahnhofsvorplatz in Schwerin mehr als 250 überwiegend armenische Menschen, aber auch kurdische, deutsche und türkische Mitbürger*innen.
Die Beiträge auf der Veranstaltung ergriffen die Herzen aller Beteiligten. Besonders bewegend waren eine von der Künstlerin Leman Stehn gesungene traditionelle armenische Waise, die Predigt eines armenischen Pfarrers, die sehr persönlich geprägten Worte von Helmut Holter, Bildungsminister im Freistaat Thüringen, sowie die frei gehaltene, sehr emotionale Rede von Anna. Leman Stehn trug im Namen des europaweiten Bündnisses „Demokratische Kräftevereinigung” (türk. Demokratik Güç Birliği) eine Erklärung vor und überbrachte die solidarischen Grüße seiner Mitglieder.
Armenische Aktivistin Anna: Ich habe mich noch nie so hilflos gefühlt
Scharf kritisiert wurde von vielen Redner*innen die deutsche Außen- beziehungsweise Schweigepolitik gegenüber der türkischen Aggression, zumal sie damit in einer unheilvollen Tradition (1915) steht: So hat der Deutsche Bundestag zwar den Völkermord der Türken an den Armeniern als Genozid anerkannt, aber wie vor 105 Jahren hält die deutsche Regierung auch heute ihre schützende Hand über die Politik der türkischen Regierung.
Es gab darüber hinaus zwar auch Beiträge, die eine Einheitsfront des christlichen Abendlandes gegen eine islami(stisti)sche Bedrohung einforderten - diese wurden aber nur vereinzelt beklatscht.
Insgesamt war es eine beindruckende Botschaft des Widerstands der Armenier*innen, die an die deutsche Bevölkerung sowie an die Kriegstreiber und ihre Profiteure gerichtet sind: Hört uns zu und stoppt den Krieg im Kaukasus!