In der Türkei sorgt eine Richtlinie von Recep Tayyip Erdoğan zur weiteren Verschärfung der bestehende Zensur von Presse und Medien für scharfe Kritik. Die Anwaltskammer in Amed (tr. Diyarbakır) hat nun Beschwerde beim Obersten Verwaltungsgericht eingelegt. Der Präsident habe keine Befugnis für eine solche Anordnung und damit seine Kompetenzen überschritten, heißt es darin. Ungeachtet dessen scheitere die Richtlinie vor allem daran, dass sie Grenzen und Wesensgehalt der Grundrechte berühre und gegen den Grundsatz der Rechtmäßigkeit sowie das Bestimmtheitsgebot verstoße.
In der am Wochenende im Amtsblatt veröffentlichten Anordnung droht Erdoğan mit „notwendigen Maßnahmen“ gegen die Veröffentlichung von Inhalten in schriftlicher, mündlicher und visueller Presse, die den „moralischen und nationalen“ Werten des Landes zuwiderliefen. Vor allem die „zerstörerische Wirkung“ von TV-Programmen und Formaten mit ausländischen Inhalten, die für die Türkei adaptiert wurden, sollten beseitigt werden. Es gelte, die Institution der Familie, Kinder und die Jugend zu schützen. Durch einschlägige Gesetze und die Verfassung sollten Vorsichtsmaßnahmen gegen Produktionen getroffen werden, die sich „schädlich“ auf die Gesellschaft auswirkten. Minderjährige müssten vor „Botschaften, die bestimmte Symbole vermitteln“, geschützt werden. Ins Detail ging die Richtlinie nicht.
Die Anwaltskammer Amed erklärte dazu, dass die Richtlinie keine Rechtsgrundlage habe und zweifellos verfassungsrechtliche Bedenken bestünden. „Artikel 13 besagt, dass die Grundrechte und -freiheiten mit der Maßgabe, dass ihr Wesenskern unberührt bleibt, nur aus den in den betreffenden Bestimmungen aufgeführten Gründen und nur durch Gesetz beschränkt werden können.“ Die Anordnung müsse umgehend zurückgenommen werden, da sie im Widerspruch zur Rechtssicherheit stehe. Diese sei unter anderem dadurch verletzt worden, dass die Beschränkungen nicht durch ein Gesetz des Parlaments, sondern durch den Erlass einer Richtlinie des Präsidenten auferlegt wurden.
Die Kammer führt weiter ins Feld, dass der Erlass „den Weg für unverhältnismäßige Eingriffe“ in die Rechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger ebnen werde. Es handele sich um einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit, Zensur und eine restriktive Maßnahme. „Die Anordnung ist vollkommen willkürlich. Wir rufen die Justiz auf, diesen Schritt umgehend zu korrigieren“, fordert die Organisation in ihrer Beschwerde.