Die Anwält:innen von Kenan Ayaz (Ayas), Antonia von der Behrens und Stephan Kuhn, sowie der zyprische Rechtsanwalt Efstathios C. Efstathiou haben am 25. September beim Oberlandesgericht Hamburg den Antrag gestellt, die Anklage gegen ihren Mandanten abzuweisen und ihn aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Kenan Ayaz war im vergangenen März auf Grundlage eines deutschen Auslieferungsersuchens auf Zypern verhaftet und Anfang Juni an die deutsche Justiz überstellt worden. Die bundesdeutschen Strafverfolgungsbehörden beschuldigen den kurdischen Aktivisten der Mitgliedschaft in der PKK, weshalb er gemäß §129a/b Strafgesetzbuch (StGB) angeklagt wurde.
In einer Presseerklärung vom 28. September argumentierte die Verteidigung, dass die von der Bundesanwaltschaft am 3. August eingereichte Anklageschrift keine ausreichenden Gründe für ein Gerichtsverfahren liefere: „In der Anklageschrift wird Kenan Ayaz nichts anderes vorgeworfen, als Mitglied der PKK zu sein. Insbesondere werden ihm keine Gewalttaten oder die Beteiligung an PKK-Anschlägen vorgeworfen.“
Die Verteidigung erklärte, die Anklage stütze sich hauptsächlich auf unbelegte Informationen des deutschen Geheimdienstes, bloße Vermutungen über die angebliche Arbeitsweise der PKK in Deutschland und Textnachrichten, die sich nach der Lesart der Staatsanwaltschaft auf die Teilnahme an Demonstrationen, Versammlungen und das Sammeln von Spenden beziehen. Das sei „selbst nach den weit gefassten Anti-Terror-Gesetzen in Deutschland kein ausreichender Grund, um Kenan Ayaz anzuklagen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Anwält:innen.
Bedingte Freilassung von Kenan Ayaz beantragt
Das Gericht muss nun entscheiden, ob es die Klage ganz bzw. zumindest teilweise abweist oder zulässt. Für den Fall, dass das Gericht die Anklage nicht abweist, hat die Verteidigung auch die bedingte Freilassung von Kenan Ayaz beantragt. Sie argumentiert, dass die Haft für ihren Mandanten besonders hart war und nach mehr als sechs Monaten Untersuchungshaft der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit seine Freilassung rechtfertigt.
In ihrem Antrag gab die Verteidigung dem Gericht einen kurzen Überblick über die schwere Verfolgung, die Kenan Ayaz in der Türkei erlitten hat. Sie zeigte auf, dass die erneute Inhaftierung für ihn als Überlebenden von Folter, der in der Türkei in sehr jungem Alter zu Unrecht inhaftiert wurde, sehr hart ist. Betont werden auch die sehr harten Bedingungen im Hamburger Untersuchungsgefängnis, denen er ausgesetzt war. Darüber hinaus argumentierte die Verteidigung, dass Kenan Ayaz sich im Falle seiner Freilassung nicht dem Verfahren entziehen würde. Vielmehr werde er sich in Hamburg vor Gericht verantworten, mit dem Ziel, so schnell wie möglich nach Zypern zurückzukehren. Jeder Versuch, aus Deutschland zu fliehen, wäre für ihn gefährlich, da er an die Türkei ausgeliefert werden könnte.
„Es gibt Hinweise darauf, dass die Türkei Interpol gebeten hat, einen roten Vermerk gegen ihn auszustellen, was zu einer Verhaftung in einem beliebigen Land und einer Auslieferung an die Türkei führen könnte, wo ihm schwere politische Verfolgung drohen würde. Nur Deutschland wird ihn nicht an die Türkei ausliefern, weil es Zypern zugesichert hat, dass Kenan Ayaz nicht an die Türkei ausgeliefert wird. Der Gerichtshof muss auch über diesen Antrag entscheiden“, so die Anwält:innen.
Postadresse von Kenan Ayaz
Kenan Ayaz ist bei den Behörden als Kenan Ayas registriert. Wer ihm schreiben möchte, muss diesen Namen verwenden, weil die Briefe sonst nicht ankommen. Seine Postadresse in der Untersuchungshaft lautet Kenan Ayas, Holstenglacis 3, 20355 Hamburg.