Über sieben Jahre Haft für deutsche IS-Rückkehrerin gefordert

Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg ist der Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Stefanie A. fortgesetzt worden. Die Bundesanwaltschaft fordert siebeneinhalb Jahre Haft für die Frau aus Bad Oldesloe.

Die deutsche IS-Rückkehrerin Stefanie A. soll nach dem Willen der Bundesanwaltschaft für siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Die 44-Jährige aus dem schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe habe sich in zwei Fällen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland schuldig gemacht, erklärten die Vertreter der Anklage am Mittwoch vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg.

Stefanie A. soll im Sommer 2016 mit ihrem damals noch 13-jährigen Sohn nach Syrien gereist sein. Dort habe sie sich zuerst der Dschihadistenmiliz „Jund al-Aqsa“ und dann dem „Islamischen Staat“ (IS) angeschlossen. Den Jungen habe sie den Milizen als Kindersoldat überlassen und damit ein Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch begangen. Auch ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht habe sie verletzt, weil sie ihren Sohn in ein Bürgerkriegsgebiet mitnahm. Dieser habe sich aktiv an Kampfhandlungen beteiligt und sei mehrfach in akuter Lebensgefahr gewesen. Am 23. Februar 2018 kam der inzwischen 15-Jährige bei einem Bombenangriff ums Leben. Weil Stefanie A. ihn in das Herrschaftsgebiet des IS brachte, sei sie auch wegen fahrlässiger Tötung zu verurteilen.

Mann soll 2015 zum IS gegangen sein

Der Familienvater – ein gebürtiger Palästinenser – soll bereits 2015 zum IS nach Syrien gegangen sein. Das Paar hatte dem IS bis zuletzt die Treue gehalten und sich erst im Februar 2019 in der letzten IS-Enklave Hajin den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) ergeben. Der Mann kam in ein Gefängnis, die Frau in das Auffang- und Internierungslager Hol bei Hesekê, aus dem sie Ende 2020 oder Anfang 2021 allerdings Richtung Türkei flüchten konnte. Am 24. März 2021 wurde Stefanie A. nach Deutschland überstellt, wo sie bei ihrer Ankunft in Berlin festgenommen und in Untersuchungshaft genommen wurde.

Angeklagte hat versucht, sich als naive Ehefrau darzustellen

Laut Bundesanwaltschaft habe die Angeklagte versucht, sich als naive Ehefrau darzustellen, die nur ihrem Mann gefolgt sei. Angeblich habe dieser in Syrien einen Falafel-Stand betrieben und sei bei einem Angriff schwer verletzt worden. Die Angeklagte habe ihm zu Hilfe kommen wollen. Diese Erklärung bezeichneten die Vertreter der Bundesanwaltschaft als nicht glaubwürdig.

Älterer Sohn soll sich über „Märtyrertod“ des Bruders freuen

Tatsächlich sei die Radikalisierung des Paares ab 2013 auch von ihr ausgegangen. Nach Angaben einer Zeugin habe sie nach den IS-Anschlägen von Paris im Jahr 2015 gesagt, die Opfer hätten den Tod verdient. Ihrem Sohn habe sie erklärt, es sei wichtig, die Ungläubigen zu erniedrigen und zu hassen. Aus Syrien habe sie ihren älteren Sohn in Deutschland aufgefordert, auch in das IS-Gebiet zu kommen. Über den „Märtyrertod“ seines jüngeren Bruders sollte er sich freuen. Auch noch nach der militärischen Niederlage des IS habe sie 2020 in einem Telefongespräch mit ihrer Schwester die Terrororganisation verteidigt.

Angeblich heimliche Ausreise des Mannes

Als glaubhaft bezeichnete die Bundesanwaltschaft ihre persönlichen Angaben. Demnach sei sie in Bad Oldesloe zusammen mit einer Schwester aufgewachsen und habe die Hauptschule abgeschlossen. Mit 15 Jahren lernte sie ihren Mann kennen, konvertierte zum Islam und heiratete. 2015 sei ihr Mann in Deutschland zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt worden und danach nach Syrien ausgereist, ohne seiner Frau Bescheid zu sagen.