Der kurdischen Rechtsanwältin Newroz Uysal drohen in der Türkei bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe. Uysal gehört zum Verteidigerteam der Istanbuler Kanzlei Asrin, die Abdullah Öcalan und seine drei Mitgefangenen im Hochsicherheitsgefängnis Imrali vertritt, und wird der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung beschuldigt.
In der heutigen Verhandlung vor der 10. Kammer des Gerichts für schwere Straftaten in Diyarbakir (ku. Amed) forderte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe zwischen siebeneinhalb und 15 Jahren. Angeklagt ist Uysal wegen der Teilnahme an Aktivitäten des Demokratischen Gesellschaftskongresses (KCD) und an einer WhatsApp-Gruppe, in der sich Jurist:innen über Rechtsverletzungen im Zuge der Ausgangssperren in Nordkurdistan vor sieben Jahren austauschten.
Die Angeklagte selbst nahm an der Verhandlung nicht teil und wurde von ihren Verteidiger:innen Gulan Çağın Kaleli und Mehdi Özdemir vertreten. Nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft ordnete das Gericht die Fortsetzung der bestehenden Meldeauflagen gegen Uysal an. Die Verhandlung wurde auf den 15. März vertagt.
Friedensbotschaft von Öcalan übermittelt
Newroz Uysal ist eine der letzten Personen, die Abdullah Öcalan persönlich getroffen haben. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Rezan Sarıca konnte die Rechtsanwältin ihren Mandanten zwischen Mai und August 2019 mehrere Male auf der Gefängnisinsel Imrali besuchen. Vorher wurde acht Jahre lang ein Besuchsverbot für Öcalans Rechtsbeistand aufrecht erhalten. Der Besuch wurde durch einen von der kurdischen Politikerin Leyla Güven initiierten Massenhungerstreik erkämpft. In dem Gespräch übermittelten Öcalan und seine Mitgefangenen Hamili Yıldırım, Ömer Hayri Konar und Veysel Aktaş eine Botschaft, in der sie zu einem würdevollen Frieden und einer politischen Lösung der kurdischen Frage und der Probleme in der Türkei aufriefen.
Seit August 2019 hat das Verteidigerteam keinen Kontakt mehr zu Öcalan, das letzte Lebenszeichen war ein kurzes Telefonat mit seinem Bruder Mehmet Öcalan im März 2021. Newroz Uysal hat bei der letzten Verhandlung im Prozess gegen sie im September erklärt, der eigentliche Grund für die Anklage sei die Tatsache, dass sie Abdullah Öcalan verteidige.