50 Tage Hungerstreik gegen Isolation
Seit 50 Tagen dauert nun der von den politischen Gefangenen aus PKK und PAJK angeführte Hungerstreik gegen die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan und die Haftbedingungen in der Türkei an.
Seit 50 Tagen dauert nun der von den politischen Gefangenen aus PKK und PAJK angeführte Hungerstreik gegen die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan und die Haftbedingungen in der Türkei an.
Seit fünfzig Tagen sind politische Gefangene aus PKK- und PAJK-Verfahren inzwischen im Hungerstreik für die Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans und gegen die systematischen Rechtsverletzungen in den Gefängnissen der Türkei. An dem Hungerstreik in Fünftagesschichten nahmen bereits mehrere Tausend Gefangene teil. Mittlerweile streikt die zehnte Gruppe und auch im Flüchtlingslager Mexmûr im Nordirak und im Camp Lavrio in Griechenland finden Solidaritätsaktionen statt.
Repression startet bereits vor dem Hungerstreik
Das AKP/MHP-Regime versuchte sofort, den Hungerstreik im Keim zu ersticken, um eine Situation wie im Jahr 2019 zu vermeiden, als tausende Gefangene mit ihrer Aktion den Staat gezwungen hatten, die Isolation Öcalans zumindest zeitweise zu lockern. Bereits vor den Hungerstreiks startete das Regime eine Repressionswelle gegen Gefangenenhilfsvereine und ließ die Büros des Vereins MATUHAYDER in Amed (tr. Diyarbakır), Mêrdîn (Mardin), Sêrt (Siirt) Şirnex (Şırnak), Wan (Van), Meletî (Malatya), Êlih (Batman), Ankara und Izmir durchsuchen. Dabei wurden 60 Personen, unter anderem der Ko-Vorsitzende des Vereins Hüsnü Taş, sowie mehrere Leitungsmitglieder festgenommen.
Gefangene: „Es reicht – wenn nötig nehmen wir den Tod in Kauf“
Die Gefangenen gaben den Beginn ihrer Aktion für den 27. November 2020 über ihre Familienangehörigen bekannt. In der ersten Gruppe befand sich auch die ehemalige Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Çağlar Demirel.
Die hungerstreikende Gefangene Nurcan Aslan erklärte das Ziel die Aktion: „Die Freiheit des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan ist die Freiheit des kurdischen Volkes. Es ist Zeit für die Freiheit. Wir sagen ‚Es reicht‘. Wir leisten Widerstand – wenn nötig nehmen wir den Tod in Kauf. Wir werden weitermachen, bis es ein Ergebnis gibt. Seit 20 Jahren dauert diese Isolation an. Unser Volk muss sagen, ‚Jetzt ist Schluss‘. Wir sind entschlossen und voller Leidenschaft. Widerstand heißt leben.“
Frauen und Jugend führen Unterstützung des Hungerstreiks an
Am 2. Dezember übernahm die zweite Gruppe den Hungerstreik. In dieser Zeit begannen die Frauen und die Jugend draußen mit den ersten Unterstützungsaktionen. Die Bewegung Freier Frauen (Tevgera Jinên Azad – TJA) erklärte: „Wir begrüßen die Hungerstreiks, die unter der Führung von Frauen begonnen haben, und rufen alle Frauen, Jugendlichen, Institutionen, Organisationen und die Öffentlichkeit auf, nicht zu schweigen und sich an die Seite der ‚freien‘ Gefangenen zu stellen.“ Der HDP-Jugendrat Payas (Kayapınar) organisierte einen Fackelzug durch die nordkurdische Stadt. Anschließend erklärten die Friedensmütter ihre Unterstützung und gingen unter der Parole „Freiheit für Öcalan“ auf die Straße. Die Frauen warnten die Regierung: „Die Forderung unserer Kinder ist auch unsere Forderung.“ Die Friedensmütter hatten beim Erfolg des letzten Hungerstreiks eine entscheidende Rolle gespielt. Anschließend erklärten viele Parteien, Einrichtungen und Institutionen ihre Solidarität mit dem Hungerstreik.
Hungerstreik nimmt Fahrt auf – Übergriffe auf Gefangene
Nachdem der Hungerstreik seine erste Woche hinter sich gelassen hatte, nahmen die Angriffe auf hungerstreikende Gefangene zu. Hatice Arat, eine Insassin im Gefängnis von Gebze, wies ebenfalls auf zunehmende Repression seit Beginn des Hungerstreiks hin und appellierte an die Öffentlichkeit, die Lage aufmerksam zu verfolgen. Zur gleichen Zeit berichtete der hungerstreikende Gefangene Davut Barin von Zellenrazzien, bei denen für den Hungerstreik lebensnotwendige Dinge wie Salz, Zucker und Zitronen beschlagnahmt wurden. Die Gefangenen teilten angesichts dessen ihre Entschlossenheit zum Protest mit.
Mehmet Kurt (49) berichtete aus einem Gefängnis in Kayseri telefonisch: „Die Gefangenen wurden ihrer Menschenrechte beraubt. Die Razzien werden jeden Tag aggressiver. Kommunikationsmittel wie Radio, Fernsehen usw. wurden beschlagnahmt, Zeitungen werden nicht mehr ausgehändigt.“
Aus einem Gefängnis in Rize berichtet Serhat Karsu: „Der Hauptgrund, warum wir den Hungerstreik durchführen, ist die Forderung nach der Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan. Wir sind entschlossen, unsere Aktion so lange fortzusetzen, bis unsere Forderungen erfüllt werden.“
Noch nicht einmal ein Monat war vergangen und über die hungerstreikenden Frauen in einem Gefängnis in Alanya wurde eine Disziplinarstrafe verhängt. Ihnen wurde zum Beispiel verboten, nach draußen zu telefonieren.
Der Gefangene Savaş Koçyiğit berichtet aus Rize per Telefon, dass bei Gefangenen Nacktdurchsuchungen durchgeführt werden.
Fuat Bor, der 1994 in Wan verhaftet und wegen angeblicher „Unterstützung einer Terrororganisation“ zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, berichtete, dass die streikenden Gefangenen nicht genug Zucker, Salz und Zitronen erhalten hätten.
Ende Dezember hatten bereits 2.500 Gefangene an dem Hungerstreik teilgenommen.
Hungerstreiks in Mexmûr und Lavrio
Nicht nur in den Gefängnissen, sondern auch draußen traten an verschiedenen Orten Gruppen aus Solidarität in den Hungerstreik. Seit dem 18. Dezember führt der Verein der Familien von Gefallenen einen Solidaritätshungerstreik im nordirakischen Flüchtlingslager Mexmûr durch. Auch im Flüchtlingslager Lavrio bei Athen startete eine Hungerstreikaktion, die mittlerweile seit 12 Tagen läuft. Der Hungerstreik im Lager wird von der Revolutionären Jugendbewegung (TCŞ-Tevgera Ciwanên Şoreşger), der kurdischen Frauenbewegung in Europa (Tevgera Jinên Kurdistan a Ewropa) und Navenda Çanda Kurdistanê (Kurdisches Kulturzentrum) angeführt.
Aktionen in vielen Ländern
Unterstützungsaktionen für den Hungerstreik finden von Australien bis Österreich, von Großbritannien bis Deutschland statt. In Berlin findet täglich zwischen 13.00 und 15.00 Uhr eine Protestmahnwache statt.