Der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. hat die nächsten Verhandlungstermine in den laufenden Verfahren gegen kurdische Aktivisten wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft bekannt gegeben. Der Prozessmarathon im Januar startet am kommenden Donnerstag vor den Oberlandesgerichten (OLG) in Koblenz und Stuttgart. Die Termine können kurzfristig geändert werden.
Özgür A., OLG Koblenz (Prozesseröffnung 28.11.2022)
- Donnerstag, 5.01., 9:30 Uhr
- Montag, 09.01., 9:30 Uhr
- Donnerstag, 12.01., 10:00 Uhr
- Montag, 16.01., 10:00 Uhr
- Donnerstag, 26.01., 10:00 Uhr
- Montag, 30.01, 10.00 Uhr
Alle Verhandlungen finden im Saal 10 EG, Regierungsstraße 7, Koblenz statt.
Mazlum D., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 21.2.2022)
- Dienstag, 10.01.
- Dienstag, 17.01.
- Dienstag, 24.01.
- Donnerstag, 26.01.
- Dienstag, 31.01.
Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr, in Saal 3, Olgastraße 2, Stuttgart.
Ali E., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 2.11.2022)
- Dienstag, 10.01. und Mittwoch, 11.01.
- Dienstag, 17.01. (Saal 18) und Mittwoch, 18.01.
- Dienstag, 24.01. und Mittwoch, 25.01. sowie
- Dienstag, 31.01. (Saal 18)
Dienstags beginnen die Verhandlungen jeweils um 9:30 Uhr, mittwochs um 9:00 Uhr, Olgastraße 2, Stuttgart.
Merdan K., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 17.3.2022)
- Dienstag, 05.01.,
- Dienstag, 10.01.
- Dienstag, 12.01.
- Dienstag, 17.01.
Am Donnerstag, den 19. Januar, steht die Urteilsverkündung an. Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr in Saal 2, Asperger Str. 47, Stuttgart-Stammheim.
Abdullah Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 11.4.2022)
- Dienstag, 17.01.
- Mittwoch, 18.01.
Die beiden Verhandlungstage beginnen um 9.30 Uhr in Saal II Erdgeschoss, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M.
AZADÎ e.V. weist auch auf die Verhandlungstermine im §129b-Verfahren gegen Veli T. wegen angeblicher DHKP/C-Mitgliedschaft hin:
- Donnerstag, 05.01.,11:00 Uhr
- Freitag, 06.01., 9:30 Uhr
- Montag, 23.01., 11:00 Uhr und
- Dienstag, 24.01., 9:30 Uhr
Die Verhandlungen finden statt vor dem OLG Düsseldorf, Saal A01, Cecilienstraße 3.
Hintergründe der „Kurden-Verfolgung“
Zu den Hintergründen der strafrechtlichen Verfolgung kurdischer Aktivist:innen in der Bundesrepublik Deutschland teilt AZADÎ e.V. mit:
Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. Nach unserer Kenntnis sind nach aktuellem Stand 60 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen; z e h n Kurden, darunter eine Aktivistin, befinden sich derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.
In jüngster Zeit erteilt das FDP-geführte Bundesjustizministerium zunehmend Einzelermächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist:innen nach §§ 129a/b. Weil die Behörden bei den meisten wegen eines festen Wohnsitzes und einer Familiengebundenheit keine Fluchtgefahr annehmen, bleiben sie von einer Inhaftierung verschont.
Solidarität zeigen
Abschließend erklärt AZADÎ E.V.: „Wir rufen auch für die Verhandlungstage im kommenden Jahr dazu auf, durch Prozessbesuche zu signalisieren, dass nicht die Angeklagten, sondern deren Kriminalisierung und Stigmatisierung in Deutschland zu verurteilen sind.“