In Brunsbüttel blockiert ein Dutzend Aktivist:innen die Baustellenfahrzeuge für den Bau einer Erdgaspipeline. Ihr Ziel sei es, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die massiven Auswirkungen von flüssigem Erdgas auf das Weltklima und die neokolonialen Strukturen hinter der Förderung zu ziehen.
Am Standort Brunsbüttel wird aktuell eine zwei Kilometer lange Gaspipeline sowie der Anleger für das Terminal in dem Industriegebiet zwischen Elbe und Nordostseekanal gebaut. Hier soll ab dem Jahreswechsel 2022/23 ein mobiles Flüssiggasterminal Erdgas in das Versorgungssystem Deutschlands einspeisen.
„Wir fordern den vollständigen Gasausstieg, sowie den Rückbau bestehender Gasinfrastruktur. Aktuelle Planungen und Finanzierungen neuer LNG-Terminals, Pipelines und Gaskraftwerke verhindern den Ausbau erneuerbarer Energien und halten uns für Jahrzehnte im fossilen Zeitalter gefangen. Für eine sozial-ökologische Wende darf keine fossile Infrastruktur mehr gebaut werden“, erklärt Lotte Meyer, eine der Aktivist:innen.
Die Besetzer:innen erklären, dass sich die Bundesregierung vom Ausbau der LNG-Infrastruktur Unabhängigkeit vom russischen Erdgas erhofft, nach einer aktuellen Studie sei jedoch neue Gasinfrastruktur für die Versorgungssicherheit in Europa nicht nötig. Die Kapazitäten aber seien bereits vorhanden. Außerdem fehle das Erdgas, das jetzt nach Europa gebracht wird, anderswo. Das zahlungskräftige Europa kauft dem globalen Süden das Erdgas weg. Das führe zu Preisexplosionen und Stromausfällen zum Beispiel in Pakistan.
Importiertes LNG werde zunehmend durch Fracking gewonnen, so die Aktivist:innen. „Fracking ist Ausdruck der neokolonialen Strukturen im kapitalistischen System. Es ist höchst umweltschädlich und mit zahlreichen Problemen verbunden. Diese betreffen vor allem den globalen Süden und die indigene Bevölkerung. Es führt zu Landraub, Umweltzerstörung, Grundwasserverschmutzung und verseuchten Böden. Klimagerechtigkeit muss immer auch antikapitalistisch und antikolonialistisch, in Solidarität mit allen Menschen, gedacht werden“, erklärt Ella Hansen.
In Brunsbüttel wird Gasinfrastruktur gebaut, zeitgleich findet die UN-Klimakonferenz COP27 in Ägypten statt, bei der über die Umsetzung der Pariser Klimaziele gesprochen werden soll. „Eine Konferenz, die dem ägyptischen Diktator as-Sisi dabei hilft, sein repressives Regime grün zu waschen, wird nicht zum Systemwandel beitragen, den wir dringend benötigen. Wir brauchen kein ignorantes Gerede, sondern Taten. Für konsequenten Klimaschutz brauchen wir jetzt den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien“, so Ella Hansen weiter.
Zwar werde bei der Verbrennung von LNG etwas weniger CO2 emittiert als bei der Verbrennung anderer fossiler Energieträger, so die Klimaaktivist:innen aber bei der Förderung und dem Transport entweiche jedoch ein Teil des Gases und gelangt so direkt in die Atmosphäre. Die Treibhauswirkung von Methan, einem Hauptbestandteil des Erdgases, ist in den ersten 20 Jahren in der Atmosphäre 80 bis 100 mal so groß wie die von CO2. Erdgas ist und bleibt ein fossiler Energieträger und darf nicht als Brückentechnologie angesehen werden, um erneuerbare Energien zu ergänzen.
Mit der heutigen Aktion in Brunsbüttel wollen die Aktivist:innen genau auf diese Problematiken aufmerksam machen und ein Zeichen gegen die aktuelle Gas- und Klimapolitik der Regierung setzen. „Gerade jetzt ist die Bundesregierung gut beraten, einen konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien in konkrete Planungen umzusetzen. Doch stattdessen soll Lützerath für weitere Kohle geräumt werden und hier entstehen neue Gas-Infrastrukturen. Eine klimafreundliche Zukunft ist nur mit erneuerbaren Energien möglich“, so Lotte Meyer.