Ersatzfreiheitsstrafe für Anti-Atom-Aktivistin in Lübeck
Obwohl Ersatzfreiheitsstrafen wegen der Pandemie weitgehend ausgesetzt sind, ist die Anti-Atom-Aktivistin Ibi für Freitag zum Haftantritt in der JVA Lübeck aufgefordert worden.
Obwohl Ersatzfreiheitsstrafen wegen der Pandemie weitgehend ausgesetzt sind, ist die Anti-Atom-Aktivistin Ibi für Freitag zum Haftantritt in der JVA Lübeck aufgefordert worden.
Die Anti-Atom-Aktivistin Ibi tritt am Freitag eine Ersatzfreiheitsstrafe in der JVA Lübeck an. Sie wurde wegen der Blockade eines Urantransports in Hamburg zu 30 Tagessätzen verurteilt und hat beschlossen, einen Teil der Strafe abzusitzen.
Wie die Unterstützungsgruppe für die Aktivistin mitteilt, wurde 2014 ein Zug im Hamburger Hafen blockiert, der Uran aus Namibia und Kasachstan geladen hatte: „Dort wird es unter miserablen Arbeitsbedingungen und mit verheerenden Folgen für die Umwelt abgebaut. In Namibia mit viel Strahlenbelastung aufgrund offener Tagebauen und in Kasachstan durch Fracking und Chemikalien im Boden.“
Ibi wurde demnach verurteilt, weil sie auf dem Gleisbett angekettete Personen mit Essen und Trinken versorgt und ein Transparent hochgehalten hat. „Es gibt vieles, wogegen wir es für richtig halten zu kämpfen und das immer wieder tun: Gegen Atomkraft, Kohlekraftwerke, Umweltzerstörung, Ausbeutung, Ungerechtigkeiten, Kapitalismus. Die allermeisten dieser aus unserer Sicht unerträglichen Dinge sind explizit legal. Deshalb legen wir als Handlungsmaßstab eben nicht die herrschenden Gesetze an. Manchmal verurteilt der Staat uns, so wie auch hier beim angehaltenen Urantransport", sagt die Aktivistin: „Wenn der Staat mich tatsächlich dafür einsperrt, dass ich Urantransporte und damit Umweltzerstörung stoppe, dann bitte: Hier bin ich. Ich habe entschieden, die Geldstrafe jedenfalls nicht komplett zu zahlen und einen Teil davon im Knast abzusitzen."
Die Ladung zum Haftantritt ist allerdings auch unter einem anderen Aspekt zu kritisieren. Eigentlich sind aufgrund der Pandemie derzeit Ersatzfreiheitsstrafen ausgesetzt. Nur in Fällen, bei denen es besonders relevant sei, um die verurteilte Person von weiteren Straftaten abzuschrecken, sollen die Strafen trotzdem vollstreckt werden. „Das heißt, entweder gilt die Regel für mich nicht oder fast sieben Jahre nach der Tat meinen sie, mich von weiteren Straftaten abschrecken zu können, indem sie mich einsperren", meint Ibi dazu.
Für sie ist Knast ein weiterer Punkt, der falsch läuft. Durch die derzeitige Corona-Pandemie kann auch außerhalb der Gefängnismauern beobachtet werden, was Isolation mit Menschen macht. Dennoch werden weiterhin Menschen in Haft isoliert - noch mehr als bereits vor der Pandemie - und leider wird dies nur von wenigen beachtet. Und so ist es sicher kein Zufall, dass Menschen, die sich Urlaub leisten können, mit Tests nur fünf Tage in Quarantäne bleiben müssen, im Gefängnis aber nach wie vor 14 Tage Quarantäne angeordnet werden.
„Knäste lösen keinerlei Probleme, sind aber bedauerlicherweise elementarer Teil der Gesellschaft, denn ohne würde das aktuelle System von Ausbeutung, Unterdrückung und Problemverdrängung nicht funktionieren. Also lasst uns einen Weg der Auseinandersetzung finden und sie abschaffen", so Hanna Poddig, eine der Unterstützer*innen, die ebenfalls an der Aktion 2014 beteiligt war.
Am Freitag, dem 23. April, findet von 16.30 bis 18 Uhr vor der JVA Lübeck eine Kundgebung zum Haftantritt statt - natürlich mit Abstand und Masken.