Eine Million Eichen für Südkurdistan

Mit dem Projekt „Million Oaks“ wird in Südkurdistan erstmals auf den Klimawandel reagiert. Das Ziel des Vorhabens ist es, bis zum Jahr 2024 eine Million Eichen in der Autonomieregion zu pflanzen.

Mit dem Projekt „Million Oaks“ wird in Südkurdistan erstmals auf den Klimawandel reagiert. Das Ziel des Vorhabens ist es, bis zum Jahr 2024 eine Million Eichen in der Autonomieregion zu pflanzen. Ins Leben gerufen wurde die Initiative im vergangenen Jahr von der zivilgesellschaftlichen Umweltorganisation Hasar, deren zentrales Anliegen es ist, den Klimawandel und seine Folgen für Mensch und Natur einzudämmen. Die erste Phase des Projekts wurde mit der privaten Cihan-Universität in Hewlêr durchgeführt, 80.000 Eichen konnten so bereits gesetzt werden. Am Sonntag fiel nun der Startschuss für die zweite Etappe. Diesmal kommt Unterstützung von der Stiftung Rwanga. Die Baumpflanzaktion konzentriert sich auf eine Strecke entlang einer vielbefahrenen Straße im Zentrum von Hewlêr. Rund 8.500 Eichen wurden an einem Tag bereits gepflanzt.

Der Klimawandel ist für Gesellschaft und Politik eine der drängendsten Herausforderungen der Gegenwart. Vor allem durch den Treibhauseffekt ändert sich das Klima. Der Treibhauseffekt ist ein natürliches Phänomen, wurde aber über Generationen hinweg aus dem Gleichgewicht gebracht. Jetzt heizt sich unser Planet immer weiter auf. Dafür verantwortlich sind anthropogene Treibhausgase, also durch menschliche Tätigkeit verursachte Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2), das bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas sowie bei Entwaldung freigesetzt wird.

Luftverschmutzung in Hewlêr massiv

Die Industrialisierung ist ein ausschlaggebender Faktor dafür. Durch die Verbrennung von fossilen Energien, die vor allem zur Stromerzeugung und zum Antrieb für Kraftfahrzeuge dienen, gelangt die doppelte Menge von CO2 in die Atmosphäre, als ohne Beteiligung der Menschen. Besonders in Großstädten wie Hewlêr, aber auch vielen anderen Orten in der kurdischen Autonomieregion, wird der Luftraum durch CO2-Belastung massiv verschmutzt. Grund sind einerseits die unglaublichen Autozahlen in den Städten, aber in erster Linie das ungelöste Stromproblem. Dadurch kommt es zu einer gigantischen Nutzung von benzinbetriebenen Stromerzeugern wie Generatoren, die den Verschmutzungsgrad und die Radioaktivität im Vergleich zu anderen Regionen in die Höhe schießen lassen.

© RojNews

2,2 Millionen Hektar Waldfläche verschwunden

Nach Angaben der Stiftung Rwanga ist in Südkurdistan zwischen den Jahren 1999 und 2018 mehr als 2,2 Millionen Hektar Waldfläche durch Brände und Abholzung zerstört worden. Verantwortlich für massive Umweltschäden in den letzten Jahren ist vor allem die militärische Aggression der Türkei. Das Niederbrennen von Wäldern ist schon seit der Staatsgründung 1923 Teil der antikurdischen Aufstandsbekämpfung und Vertreibungspolitik der Türkei. Doch mit jedem Jahr wird diese Strategie aggressiver umgesetzt. Diese „Sicherheitsmaßnahmen“ der türkischen Armee führten dazu, dass in Südkurdistan etliche Waldgebiete und Ökosysteme vom Erdboden verschwunden sind.

Eichen können etwas, das anderen Bäumen nicht so gut gelingt

Da Bäume durch die Aufnahme von CO2 zur Klimaregulierung beitragen, möchte die Organisation Hasar Südkurdistan wieder aufforsten. Bäume absorbieren Kohlendioxid aus der Luft und speichern es in Form von Kohlenstoff in ihrer Biomasse. Den Sauerstoff geben sie wieder ab. So kompensieren sie einen Teil des menschlichen Umweltverhaltens. Effektiv sind besonders Wälder mit verschiedenen Laub- und Nadelbäumen, sogenannte Mischwälder. Monokulturen hingegen, etwa nur mit Nadelbäumen, weisen eine schlechtere Klimabilanz auf. Die Antwort auf die Frage, warum sich Hasar für die Pflanzung von Eichen entschieden hat, ist einfach. Die Eiche kann etwas, das andere Bäume nicht so gut können: Vitamin C und Gerbstoffe erzeugen, die sie vor Trockenheit schützen. Das macht sie zu einer wichtigen Baumart, um den Folgen des Klimawandels mit wärmeren Temperaturen und längeren Trockenperioden zu begegnen.

© RojNews

Eine informierte und aktive Öffentlichkeit schaffen

Für das bevorstehende Jahr hat sich die Organisation Hasar vorgenommen, insgesamt 220.000 Eichen in Südkurdistan zu pflanzen. Die Samen für das Pflanzen der Setzlinge wurden in den Bergen gesammelt, die Auswahl des Standorts der Eichen für Hewlêr trifft die NGO zusammen mit dem Landwirtschaftsministerium. Die Aufforstungsaktionen werden gut geplant, an einigen Standorten verhilft man der Natur lediglich zur natürlichen Regeneration. So kann sie sich ihre Flächen aus eigener Kraft zurückerobern. Damit das Pariser Klimaabkommen von der Regionalregierung Südkurdistans ambitioniert umgesetzt wird, will Hasar mit weiteren Projekten, die den Klimawandel mildern oder ihm entgegenwirken, darauf hinarbeiten, eine informierte und aktive Öffentlichkeit zu schaffen. Es gehe darum, dass sich die Gesellschaft erhebt und von den politischen Entscheidungsträgern eine konsequente Umsetzung des Abkommens einfordert, damit es seine Wirkung entfalten kann.