„Der türkische Staat bereichert sich an Efrîns Olivenproduktion”

Saleh Ibo, der stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftsrats von Efrîn berichtet, dass der türkische Staat die Felder und Olivenhaine der Bevölkerung beschlagnahmt und so seine Politik der ethnischen Säuberung vollenden will.

Saleh Ibo ist der stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftsrats von Efrîn. Mit ANF sprach er über den Plan des türkischen Staates, die Olivenproduktion Efrîns auszubeuten. Ibo berichtete, dass dieses Jahr aus 210.000 Tonnen Oliven 260 Millionen Blechdosen Olivenöl produziert würden und sagt: „Der türkische Staat wird mit den Oliven von Efrîn etwa 80 Millionen Dollar verdienen.“

„Die Olivenhaine der Vertriebenen wurden beschlagnahmt“

Der türkische Staat und seine Milizen haben die Olivenhaine der durch die Invasionsangriffe und den Terror der Besatzungstruppen vertriebenen Menschen beschlagnahmt. Ibo fügt hinzu: „Auch die Olivenhaine und Anbauflächen der Menschen, die in den sechs Monaten nach der Besetzung vor der Grausamkeit des türkischen Staates aus Efrîn fliehen mussten, wurden beschlagnahmt. Wir können sagen, dass etwa 80 Prozent der Oliven aus Efrîn von den Banden und dem von ihnen gegründeten Rat [„Afrin-Rat“] ohne jeglichen Ausgleich in die Türkei gebracht werden. Von den Menschen, die noch in Efrîn verblieben sind, verlangen die Besatzer für jeden Olivenbaum in ihrem Besitz eine Steuer von 2.000 syrischen Lira.“

„Sie werden damit 80 Millionen Euro verdienen“

Ibo sagte zum Diebstahl der Oliven: „Nach uns als Landwirtschaftsrat vorliegenden Daten plant der türkische Staat in der Olivensaison weitere Oliven auf widerrechtliche Weise in die Türkei zu bringen. Natürlich mit der Hilfe einiger europäischer Firmen, den Milizen und dem sogenannten Lokalrat. So wird die Türkei an den gestohlenen Oliven fast 80 Millionen Dollar verdienen. Wir haben in den vergangenen Jahren als Landwirtschaftsrat eine Untersuchung angestellt. Demnach gibt es in Efrîn über 18 Millionen Olivenbäume. Davon tragen 14 Millionen Früchte. Dieses Jahr hat es viel geregnet, deswegen wird die Olivenernte gut ausfallen. Nach Berechnungen des Landwirtschaftsrats werden etwa 210.000 Tonnen grüne Oliven produziert werden. Aus 20 Prozent davon wird Olivenöl gemacht. Daraus ergibt sich, dass 260 Millionen Dosen Olivenöl produziert werden.“

„Sie vernichten die Umwelt“

Auch die lokale Ölproduktion in Efrîn wurde zum Angriffsziel und dutzende Olivenölfabriken zerstört. Dazu sagt Ibo: „In Efrîn gab es etwa 218 Olivenölfabriken. Aber nach den Informationen, die uns erreicht haben, wurden im Rahmen der Besetzung dutzende Olivenölfabriken geplündert, die Maschinen gestohlen und aus Efrîn herausgeholt.

Die gestohlenen Maschinen wurden über die Grenzübergänge in Azaz und Idlib in die Türkei gebracht. Jetzt errichten die Besatzungstruppen auch noch beim Dorf Hamam in Cindirês einen Grenzübergang. Es sind auch Bilder von ihrem Vorgehen veröffentlicht worden, die wahrhaftig schmerzhaft sind. Hier wurden die Olivenbäume abgeschnitten. Allein schon diese Bilder zeigen, dass die Umwelt hier ganz bewusst zerstört wird.“

 

„Der türkische Staat hat auch den Weizen von Efrîn gestohlen“

Zur Plünderung und Zerstörung der Ökonomie von Efrîn durch die Besatzung sagt Ibo: „Efrîn war einst als der schönste Kanton Nordsyriens bekannt. Es handelte sich um einen in seiner Natur, Kultur und Ökonomie besonders reichen Kanton. Deshalb hat der türkische Staat Efrîn ganz bewusst ins Visier genommen. Wir haben die Besatzungsoperation des türkischen Staates ab dem 20. Januar bis zum Ende der ersten Phase verfolgt und haben festgestellt, dass 80 Prozent der Quellen, aus denen sich die Wirtschaft Efrîn speist, getroffen wurden. Das gilt hauptsächlich für die Landwirtschaft.

Der türkische Staat hat insbesondere im April die Waldgebiete in Efrîn in Brand gesteckt. Ein Wald wurde niedergebrannt und auch Olivenbäume wurden vernichtet. Die Besatzungstruppen haben vor den Augen der Weltöffentlichkeit 20 Tonnen Weizen aus Efrîn gestohlen und in die Türkei gebracht. Nur ein Bruchteil davon wurde hier angekauft. So mussten wir als Landwirtschaftsrat feststellen, dass der türkische Staat die landwirtschaftlichen Produkte zu 25 Prozent des Preises gekauft hat. Auf diese Weise ist es für die Bauern nicht möglich, sich zu ernähren. Aber ein Großteil des Getreides wurde auf illegale Weise und ohne jegliche Gegenleistung beschlagnahmt.“

„Die internationalen Institutionen und die Öffentlichkeit schweigen“

Saleh Ibo betont, dass der türkische Staat versucht, die Bevölkerung ökonomisch ausbluten zu lassen und so zu vertreiben. Er sagt: „Die Bevölkerung von Efrîn lebt zu 80 Prozent von der Oliven- und Olivenölproduktion. Der größte Teil der Menschen war aufgrund der Besatzung gezwungen, zu migrieren. Jetzt sollen die noch verbliebenen Menschen durch grausame Schikanen und ökonomisches Zugrunderichten aus Efrîn vertrieben und so der Demografiewandel abgeschlossen werden. Aus diesem Grund haben wir als Landwirtschaftsrat vor ein paar Monaten einen Bericht vorbereitet und ihn an die internationalen Institutionen, die UN, das Rote Kreuz und alle anderen geschickt. Aber bis jetzt gab es von diesen Institutionen und der internationalen Öffentlichkeit keinerlei Reaktion auf die Zerstörung der Natur von Efrîn und Nordsyrien. Wir glauben dennoch daran, dass diese Institutionen in der vor uns liegenden Zeit eine Reaktion entwickeln werden. Wenn es so weiter geht, wird kein Kurde mehr in Efrîn bleiben, die Demografie wird vollständig ausgetauscht und die Natur von Efrîn zu 100 Prozent ausgeplündert werden.“

Olivenbäume werden in die Türkei gebracht

Seit dem Einmarsch der Besatzer im Stadtzentrum von Efrîn am 18. März wurden in Efrîn hunderte Hektar landwirtschaftliche Fläche und Wald niedergebrannt. Schon in den Jahren vor der Besatzung hatte der türkische Staat die Grenze illegal verletzt und 4.500 Olivenbäume zerstört. Vom 18. März 2018 bis heute wurden etwa 1.500 Olivenbäume abgeholzt und in die Türkei gebracht.