Ortskräfte der Bundeswehr dienten als Übersetzer:innen und Kulturmittler:innen für die deutschen Truppen in Afghanistan. Nach der Übernahme der Macht in Afghanistan und der Machtübernahme durch die Taliban sind sie und ihre Familien akut bedroht. Dennoch verläuft ihre Evakuierung aus Afghanistan bestenfalls schleppend. Auf eine Schriftliche Frage der linken Abgeordneten Gökay Akbulut vom 2. Dezember antwortet die Bundesregierung, es sei ihr für den Zeitraum vom 15. Mai bis zum 26. November 2021 eine Zahl von insgesamt 24.556 Aufnahmezusagen für Ortskräfte und ihre Familienangehörigen bekannt.
Die Zahl der nach Deutschland bereits erfolgten Einreisen wird auf 1.319 Ortskräfte und 5.711 Familienangehörige beziffert, insgesamt also 7.030 Personen.
Damit wurden bislang erst 28,7 Prozent der gefährdeten afghanischen Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen nach Deutschland in Sicherheit gebracht. Viel zu oft müssen viele Ortskräfte lange auf die Zusage einer Evakuierung warten.
Akbulut: „Für viele ist es zu spät“
Akbulut erklärt dazu: „Viele gefährdete Ortskräfte erhalten offenkundig erst spät die ersehnte Zusage zur Aufnahme. Für die meisten war es zu spät, um noch rechtzeitig vor der Machtübernahme der Taliban evakuiert zu werden. Diese Menschen müssen in größter Angst und Unsicherheit in Afghanistan ausharren und sind schier am Verzweifeln, denn Ausreisemöglichkeiten gibt es kaum. Berichten zufolge sind schon mehr als 100 ehemalige Sicherheitskräfte von den Taliban exekutiert worden oder verschwunden. Das zeigt, wie gefährlich die Lage für die Ortskräfte ist und dass die Evakuierungen deutlich beschleunigt werden müssen. Nicht einmal ein Drittel der anerkannt schutzbedürftigen Ortskräfte konnte bislang nach Deutschland in Sicherheit gebracht werden, das ist ein absolutes Armutszeugnis.
Zudem ist damit zu rechnen, dass die Zahl der gefährdeten Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen aufgrund andauernder Überprüfungen weiter ansteigen wird, in einem knappen Monat waren das zuletzt fast 6.000 Menschen. Die Anerkennungsverfahren müssen unkompliziert und deutlich schneller erfolgen, das Gleiche gilt natürlich für die Organisation der Evakuierungen und Einreisen der gefährdeten Menschen. Schließlich müssen die Betroffenen auch besser informiert und betreut werden, viele fühlen sich absolut alleine und im Stich gelassen. Viel zu tun für die neue Ministerin im Amt!“
Koalition verspricht Sicherheit durch „unbürokratische Verfahren“
Damit weist Akbulut auf das vollmundige Versprechen der neuen Regierungsparteien im Koalitionsvertrag hin: „Wir werden unsere Verbündeten nicht zurücklassen. Wir wollen diejenigen besonders schützen, die der Bundesrepublik Deutschland im Ausland als Partner zur Seite standen und sich für Demokratie und gesellschaftliche Weiterentwicklung eingesetzt haben. Deswegen werden wir das Ortskräfteverfahren so reformieren, dass gefährdete Ortskräfte und ihre engsten Familienangehörigen durch unbürokratische Verfahren in Sicherheit kommen."