Libysche Nationalarmee fängt türkisches Schiff ab

Einheiten der Libyschen Nationalarmee Khalifa Haftars haben einen unter jamaikanischer Flagge fahrenden türkischen Frachter abgefangen und kontrollieren das Schiff.

Die Libysche Nationalarmee (LNA) hat einen unter jamaikanischer Flagge fahrenden türkischen Frachter vor der libyschen Küste abgefangen und in den Hafen von Ras al-Hilal, östlich von Benghazi, geschleppt. Das gab der Sprecher der LNA, Ahmed al-Mismari, bekannt.

Das Schiff sei unterwegs nach Misrata gewesen und habe nicht auf Anfragen bezüglich Identität und Fracht reagiert. „Die Schiffsbesatzung besteht aus neun Türken, sieben Indern und einem aserbaidschanischen Matrosen. Es wird wegen seiner Verstöße gegen Seerecht und Vorschriften untersucht", fügte Mismari in seinem Statement an. Der LNA-Sprecher machte keine Angaben zur Fracht des Schiffs. Währenddessen hüllte sich die türkische Regierung in auffallendes Schweigen.

Die Sicherstellung des Schiffes erfolgt Wochen nach der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens, um Verhandlungen über die Beendigung des Konflikts in Libyen zu ermöglichen. Auf einer Pressekonferenz am Montag warf Mismari dem türkischen Regimechef Recep Tayyip Erdoğan vor, trotz der Waffenruhe die Milizen an der Front zu bewaffnen.

Vorfälle der letzten Zeit scheinen dies zu bestätigen. Offenbar will die Türkei den Waffenstillstand nutzen, um das Muslimbruderregime der libyschen Einheitsregierung weiter mit Waffen hochzurüsten.

20.000 Söldner in Libyen

In einem Interview mit Sky News Arabia bestätigte LNA-General Khaled al-Mahjoub, dass die Türkei immer noch versuche, den libyschen Dialog „durch militärische Intervention und die Entsendung von Söldnern“ zu behindern. Allerdings habe die Zahl abgenommen. „Es befinden sich im Moment 20.000 ausländische Kräfte und/oder Söldner in eurem Land. Das ist eine schockierende Verletzung der libyschen Souveränität“, sagte die UN-Interimbeauftragte für Libyen, Stephanie Williams, bei einem virtuellen Treffen eines Forums für politischen Dialog am 3. Dezember.

Türkei unterläuft Waffenstillstand

Mit der Entsendung von Waffen und Söldnern unterläuft die Türkei den Waffenstillstand und verstößt gegen das Waffenembargo in Libyen mit dem Ziel, einen islamistischen, Türkei-abhängigen Proxystaat im Maghreb gegen Ägypten aufzubauen. Schiffe, auf denen sie Waffen schmuggelt, versucht die Türkei mit allen Mitteln zu schützen, auch unter Androhung militärischer Gewalt. So kam es dieses Jahr zu einem Skandal, als eine türkische Fregatte ein französisches Kriegsschiff mit dem Gefechtsradar erfasste. Eine weitere Kontrolle durch die Bundeswehr musste vor wenigen Tagen aufgrund einer Intervention Ankaras abgebrochen werden. Weiterhin liegen Berichte von regelmäßigen Transportflügen mit Waffen aus der Türkei nach Libyen vor.

Verteidigungsminister der Einheitsregierung droht mit Beendigung des Waffenstillstands

Die Stimmung in Libyen bleibt angespannt. Ebenfalls am Montag drohte der Verteidigungsminister der Libyschen Einheitsregierung mit einer Beendigung des Waffenstillstands, sollte die LNA irgendeinen Angriff unternehmen. Ob die Sicherstellung des türkischen Schiffes einen solchen Anlass bietet, bleibt abzuwarten.