Irak: Eine neue Explosion im Mittleren Osten droht

Die Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani durch die USA in Bagdad hat ein politisches Erdbeben im Mittleren Osten ausgelöst. Die USA haben ihre Staatsbürger aufgerufen, den Irak zu verlassen. Die proiranischen Milizen mobilisieren sich.

In der Nacht zu Freitag wurde der Kommandant der Al-Quds-Brigaden, Ghassem Soleimani, bei einem Raketenangriff am Flughafen von Bagdad getötet. Das Pentagon erklärte, US-Truppen hätten auf Befehl von US-Präsident Trump den Konvoi Soleimanis angegriffen.

Neben Soleimani wurde auch der Kommandant der irakischen Hashd al-Shaabi-Milizen, Abu Mahdi al-Muhandis, getötet. Beide hatten im gleichen Fahrzeug gesessen. Die Personenschützer von Hashd al-Shaabi fuhren in einem anderen Fahrzeug und kamen ebenfalls ums Leben. Insgesamt ist von mindestens acht Toten die Rede. Es heißt, die Tötung sei durch eine von einem Hubschrauber abgeschossene Lenkrakete erfolgt.

Das US-Verteidigungsministerium erklärte, es habe sich dabei um eine „abschreckende Maßnahme“ gehandelt, um „amerikanisches Personal im Ausland zu schützen“: „Dieser Luftangriff diente dazu, den Iran von all seinen Angriffsprojekten abzuschrecken.” Die USA machen Soleimani für die Angriffe auf US-Basen in den vergangenen Monaten und auf die US-Botschaft in Bagdad verantwortlich.

Chameney: Wir werden furchtbare Rache üben

Der iranische religiöse Führer Ajatollah Ali Chamenei erklärte, man werde „an den Mördern Soleimanis furchtbare Rache üben“. Er fuhr fort: „Mit der Erlaubnis Gottes wird sein Erbe hier nicht enden und über die Schuldigen, an deren Händen sein Blut klebt, wird eine gnadenlose Rache kommen.“ Der iranische Außenminister Javad Zarif bezeichnete den Angriff als im höchsten Maße gefährlich und unnötig. Der Sprecher des iranischen Sicherheitsrats, Keivan Khosravi kündigte eine Dringlichkeitssitzung an

Wer ist Soleimani?

Ghassem Soleimani gehörte sowohl im Iran als auch im Ausland zu den wichtigsten Persönlichkeiten Teherans. Er leitete die iranischen Operationen im Ausland und spielte eine wichtige Rolle beim wachsenden iranischen Einfluss im Mittleren Osten. Er stärkte das Band zwischen der libanesischen Hisbollah, der Assad-Regierung und den Milizen im Iran. Die von ihm kommandierten Al-Quds-Brigaden pflegen außerdem enge Beziehungen mit der Hamas und dem Islamischen Dschihad in Palästina und den Huthi-Rebellen im Jemen. Soleimani führte Zellen der Al-Quds-Brigaden im Libanon, in Aserbaidschan, Afghanistan, Bahrein, Syrien, Jemen, Indien und der Türkei.

1998 trat Soleimani an die Spitze der Al-Quds-Brigaden. Seitdem versuchten westliche, israelische und arabische Geheimdienste ihn zu töten. Soleimani beobachtete auch die neue Regierungsbildung im Irak aufgrund der am 1. Oktober begonnenen Proteste genau. Die Protestierenden forderten einen Regimewechsel und zeigten ihre Ablehnung gegenüber der Vorherrschaft des Iran.

Eine der hundert einflussreichsten Persönlichkeiten

Die Tötungen durch die USA werden als schwerer Schlag in den ohnehin sehr schlechten Beziehungen zum Iran bewertet, deuten aber auch darauf hin, dass die USA eine Eskalation des Konfliktes beabsichtigen. Seit dem Rückzug der USA aus dem Nuklearabkommen mit dem Iran nimmt die Spannung immer weiter zu. Nach einer Bewertung des ehemaligen CIA-Analysten Kenneth Pollack aus dem Jahr 2017 ist Soleimani für die Schiiten im Mittleren Osten „eine Mischung aus James Bond, Erwin Rommel und Lady Gaga“. Er wurde von der Times zu einer der hundert wichtigsten Personen der Welt gekürt. Neben seiner realen Bedeutung ist er im Iran ein regelrechter Star. Soleimani postete Selfies von der Front und ist nach Pollacks Meinung einer der Strippenzieher im Mittleren Osten gewesen.

Biden: Eine in ein Pulverfass geworfene Dynamitstange

Gegenüber der französischen Zeitung Le Figaro warnte der ehemalige stellvertretende US-Verteidigungsminister Joe Biden, dass Trump mit der Entscheidung, den hochrangigsten Verantwortlichen des Iran zu töten, ein Erdbeben im Mittleren Osten ausgelöst hat. Er verglich seine Handlung mit einer „in ein Pulverfass geworfenen Dynamitstange“.

USA rufen ihre Staatsbürger auf, den Irak zu verlassen

Nach der Ankündigung Chameneys, „furchtbare Rache“ zu nehmen, haben die USA ihre Staatsbürger aufgefordert, sofort den Irak zu verlassen.

Armee des Mahdi aktiviert

Der schiitische Führer Muqtada al-Sadr mobilisierte die Mahdi-Armee im Irak und erklärte, sie solle „bereit zur Verteidigung“ sein. Währenddessen erklärte der Anführer der wichtigsten Gruppe der Hashd-al-Shaabi-Milizen, Asayib Ahl al-Haq, Qais al-Hazali: „Alle Widerstandskämpfer sollen bereit sein. Jetzt sind wir an der Reihe, es erwartet uns eine Eroberung und ein großer Sieg.“

Abd al-Mahdi: Es wird ein zerstörerischer Krieg beginnen

Der zurückgetretene irakische Ministerpräsident Adel Abd al-Mahdi erklärte, im Irak werde nun „ein zerstörerischer Krieg beginnen“. Die Ermordung des Kommandanten sei „ein Angriff auf den Irak, auf den Staat, die Republik und das Volk“.

Senator Lindsey droht dem Iran

Der Trump nahestehende US-Senator Lindsey Graham drohte dem Iran: „Wenn ihr noch mehr wollt, dann werdet ihr mehr bekommen.“

Demokratischer Senator: Ihr zieht uns in einen illegalen Krieg

Der Demokratische Senator Tom Udall kritisierte, dass der Kongress nicht in die Entscheidung für den Angriff einbezogen wurde: „Präsident Trump zieht unsere Nation ohne die Zustimmung des Kongresses in einen illegalen Krieg hinein.“