Der Süden widersteht

Organisationen und Gemeinden im Süden/Südosten Mexikos stellen sich weiter gegen die territoriale Neuordnung zugunsten des nationalen und transnationalen Großkapitals und die Zerstörung durch das Megaprojekt „Tren Maya“.

Netzwerk des Widerstands

Die sechsjährige Amtszeit von Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador endet am 30. September. Zuvor weihte er mit einer „Abschlussreise“ weitere Streckenabschnitte des sogenannten „Tren Maya“ ein, unter anderem in der Nähe von Felipe Carillo Puerto. Dort fand am selben Tag eine Pressekonferenz des Nationalen Kongresses der Indigenen (CNI) statt, die begleitet wurde mit dem symbolischen Pflanzen von Bäumen.

Dort erklärten der CNI und El Sur Resiste: „Wir sind die Organisationen, Gemeinschaften, Völker und Nachbarschaften des Südens/Südostens des Landes, die im April und Mai 2023 die Karawane und das internationale Treffen ‚Der Süden widersteht‘ einberufen haben. Das Ziel war, die durch das vernetzte militärische Megaprojekt ‚Tren Maya - Interozeanischer Korridor“ verursachte Zerstörung anzuprangern und den Widerstand, die Aussaat und den Aufbau guter Lebenssysteme für unsere Pueblos zu artikulieren.“

Sie betonten, dass wenn die erste sechsjährige Amtszeit der MORENA-Partei zu Ende geht und die zweite beginnt, die kapitalistische Wirtschafts- und Energiepolitik, die seit mehr als 30 Jahren von der PRI und der PAN (Partei) zugunsten des großen transnationalen Kapitals vorangetrieben wurde, mit der neuen MORENA-Partei sogar mit noch mehr Kraft und noch mehr Zerstörung weitergeht.

„Unsere Pueblos haben sich stets um die Natur in diesen Gebieten gekümmert: die Dschungel, die Wälder, das Wasser, den Wind, das Meer. Diese Orte sind heilig und stärken unsere Spiritualität und unsere Lebensweise.

Die Regierung Obrador behauptet unter dem Narrativ des ‚Fortschritts‘ und der ‚Entwicklung‘, dass sich nun eine Regierung endlich um den Süd-Südosten Mexikos ‚gekümmert‘ hat, dass wir uns jetzt ‚entwickeln‘ werden, dass wir mit dem Maya-Zug und dem Interozeanischen Korridor aus der Armut herauskommen werden, aber wir protestieren, weil sie leider ihre Augen darauf gerichtet haben, uns mit ihren Zügen, Gaspipelines, Hotels, Immobilienprojekten und Industrieparks auszuplündern und zu zerstören. Diese Megaprojekte fördern ein Wirtschaftsmodell, das sich auf ein Modell stützt, das die Zukunft unseres mexikanischen Territoriums und damit unser Leben und das zukünftiger Generationen auf sehr negative Weise gefährdet.“

Weiter heißt es in der Erklärung, dass sich die derzeitige Regierung es sich zur Aufgabe gemacht habe, „die territoriale Ausdehnung dieses kapitalistischen Modells im Süd-Südosten Mexikos durch die Durchsetzung zweier symbolträchtiger Projekte zu erleichtern: Der Interozeanische Korridor des Isthmus von Tehuantepec und der falsch benannte Tren Maya, die eine Region umgestalten, in der indigene Völker wie die Maya, Zapoteken, Mixes, Zoques, Ikoots, Chontales, Nahuatl, Nuntajiiyi'(Popolucas), Chinantec und Afro-Mexikaner*innen leben, die sich seit jeher in diesen Gebieten niedergelassen haben und nie richtig (über diese Großprojekte) konsultiert wurden“.

Der CNI und El Sur Resiste betonten: „Aufgrund dieser Verstöße gegen nationales Recht und internationale Verträge haben verschiedene indigene und nicht-indigene Organisationen mehr als 50 Rechtsmittel eingelegt, wie im Fall des Regionalen Indigenen- und Volksrats von Xpujil (CRIPX), der eine endgültige Aussetzung zu seinen Gunsten erwirkt hat, die die Fortführung des „Maya“-Zugs und der damit verbundenen Projekte in der Gemeinde Calakmul verbietet, wo die Militarisierung mit Gewalt Einzug gehalten hat. Wie im Falle des Rechtsstreits im Tramo 5 Sur wurden diese Aussetzungen nicht beachtet und die Arbeiten gehen weiter. Die Verstöße gegen die Rechte der indigenen Völker sind kumulativ und synergetisch, ebenso wie die Umweltauswirkungen.

Die Eisenbahnlinien des Maya-Zuges unterwerfen den Maya-Dschungel, stürzen in sich zusammen und verseuchen die Cenoten, die unsere Lebensquelle sind, und leiten die unterirdischen Flussbetten, Flussmündungen und Mangroven, die die Adern unserer Gebiete sind, um und behindern sie. Hinzu kommen Tourismus- und Immobilienprojekte wie Militärhotels, eines davon im Herzen des Biosphärenreservats Calakmul, wo verschiedene Gemeinden unter dem Vorwand des „Naturschutzes“ vertrieben wurden, sowie Hunderte von „ökologischen“ Wohnsiedlungen auf der Halbinsel Yucatan.

Auf der anderen Seite des Isthmus von Tehuantepec werden die Gleise der alten Porfirian Interoceanic Railway sowie die Häfen von Salina Cruz in Oaxaca und Coatzacoalcos in Veracruz modernisiert und eine Schnellstraße gebaut.

Das Schienennetz wird sich von der „Maya“-Bahn bis zur Interozeanischen Eisenbahn erstrecken, den Bundesstaat Tabasco durchqueren und von Ciudad Ixtepec bis Tapachula reichen, um die Handelsverbindungen zu verbessern und den Warenfluss durch den Isthmus von Mexiko zum Nutzen großer Unternehmen zu erleichtern, als Alternative zum veralteten Panamakanal. Gleichzeitig planen sie den Bau und die Modernisierung eines Netzes von Pipelines für den Transport von Fracking-Gas aus Texas. Da die Vereinigten Staaten derzeit die Errichtung von Gasverflüssigungsanlagen an ihren Küsten verbieten, schicken sie ihr überschüssiges Gas durch die Seepipeline „La Puerta del Sureste“ nach Mexiko, als Rückgrat für die Stromversorgung von Industrieparks, Hotels und anderen damit verbundenen Projekten, die mit einem „wirtschaftlichen Überlauf“ auf der Grundlage der Ausbeutung von Halbsklavenarbeit täuschen.

Die Regierung plant auch die Errichtung von zwölf Industrieparks entlang der interozeanischen Route (vier in Veracruz, sechs in Oaxaca und zwei in Chiapas) mit europäischem, nordamerikanischem und asiatischem Kapital. Diese industrielle Entwicklung bedeutet eine weitere Enteignung von Land, den Verlust von Frieden, Sicherheit und Freiheit und beeinträchtigt die lokalen Gemeinschaften, die diese Gebiete seit Generationen bewohnt und gepflegt haben. Sie zerstören das Gemeinschaftsgefüge, die gegenseitigen Beziehungen, unser kollektives Bewusstsein und die Mutter Natur, die uns ein würdiges Leben ermöglicht. Ein Beispiel dafür ist der Wald von Pitayal in der Gemeinde Puente Madera, Oaxaca.

All dies geht mit einer zunehmenden Militarisierung einher. Die Regierung hat den Bau der Maya-Bahn dem Verteidigungsministerium und den Interozeanischen Korridor dem Marineministerium übertragen. Damit wird nicht nur die Durchsetzung dieser Projekte verstärkt, sondern auch versucht, die Interessen des Kapitals auf Kosten der Rechte der indigenen Völker und der Integrität des Territoriums zu gewährleisten. Die Militarisierung garantiert in keiner Weise die Sicherheit der Bevölkerung, denn wie wir im ganzen Land gesehen haben, tun die Streitkräfte nichts, um die humanitäre Katastrophe zu stoppen, die durch die Präsenz des organisierten Verbrechens verursacht wird, das den Transit der Migrant*innen und das Leben unserer Gemeinschaften im Süden/Südosten in ein Martyrium verwandelt, und in besonders dramatischer Weise im Staat Chiapas, wo unsere Schwestern und Brüder gezwungen sind, nach Guatemala zu fliehen.

Wir wollen denen, die ein Gewissen und ein Herz haben, denen, die Ohren haben, um zuzuhören, sagen, dass wir hier sind, mit offenen Augen. Die Sozialhilfeprogramme, ein Recht, das zugunsten unserer Großeltern, der Jugend, der Frauen und anderer errungen wurde, dürfen kein Grund sein, die Augen vor dem Wirtschafts- und Energiemodell zu verschließen, das gefördert wird und das die Zukunft unseres mexikanischen Territoriums und damit unser Leben und das zukünftiger Generationen negativ beeinflusst.

Wir laden Sie ein, sich diesem Netzwerk des Widerstands anzuschließen, sich zu artikulieren, das Andenken und die Lehren unserer Vorfahren durch die Kontinuität des Kampfes und die Sorge um das Territorium zu ehren, um die Zukunft der nächsten Generationen mit einer gerechten und harmonischen Koexistenz zwischen den Menschen und mit Mutter Natur, die uns das Leben schenkt, zu garantieren.“

Die Erklärung wird auch auf Spanisch und Englisch im Internet auf der Seite der Recherche AG zu lesen sein.