„Decolonizing Sápmi Tour” macht Halt in Hannover

In Hannover hat am Freitag eine Informationsveranstaltung zum antikolonialen und ökologischen Kampf der Sámi stattgefunden. Weitere Stopps der „Decolonizing Sápmi Tour” sind Appelscha (NL) und Kiel.

Die „Decolonise Sápmi Infotour“ hatte am Freitag ihren Stopp in Hannover. Die Veranstaltung fand im Infoladen statt, gemeinsam mit Henrik Andersson, einem Rentierhüter und Aktivist aus Sápmi, und zwei Aktivist:innen von kolonierna sowie May-Britt Öhmann, Wissenschaftlerin an der Universität von Luleå und Uppsala. Zu ihren Forschungsbereichen gehören Technologie, Sápmi und Geschlechterfragen, sie nahm an der Veranstaltung in Form einer Videobotschaft teil. Die Tour besucht verschiedene Orte in Deutschland und den Niederlanden. Ein Ziel von ihr ist, ins Gespräch zu kommen und sich über antikoloniale und ökologische Kämpfe auszutauschen.


Das von den Sámi bewohnte Gebiet „Sámpi“ wird heute durch vier nationalstaatliche Grenzen zerteilt: Norwegen, Schweden, Finnland und die russische Kola-Halbinsel. Die Geschichte und der Widerstand der Sámi ist seit dem 18. Jahrhundert bis heute geprägt von Kolonialismus, Zwangsumsiedelung und Landraub. Auf Aufstände und Organisierung wurde mit starker Repression bis zu Entführung und Folter geantwortet. All dies droht den Sámi die spirituelle und materielle Grundlage ihrer Kultur zu rauben.

Trotzdem wurde 1956 der Sámi-Rat von Norwegen, Schweden und Finnland gegründet. Vertreter:innen aus russischen Gebieten sind seit 1992 Teil des Rats. Der Rat hatte großen Einfluss darauf, die Interessen und Rechte der Sámi zu erstreiten, strukturelle Veränderungen herbeizuführen und nationale Parlamente in allen vier Landesteilen zu etablieren. Seit den 70ern entwickelte sich eine breite, diverse anti-koloniale Bewegung in Sápmi, welche vielfältige internationale Kontakt zu linken Gruppen aufbaute.

In Berlin, Leipzig und Göttingen wurde der Vortrag bereits vor großem Publikum gehalten. Zu der Veranstaltung am Freitag in Hannover kamen etwa 20 Menschen. Es wurde für alle gekocht und vor der Veranstaltung gemeinsam gegessen. Viele wussten zuvor noch nichts über die Sámi, und für alle war es wertvoll, über die Verteidigung von Land und Kultur in Sámpi direkt von Henrik zu hören. Henrik erzählte unter anderem, wie seine Familie, soweit sie zurück verfolgt werden kann, auch Rentierhirten waren. Es wurde ihm, wie auch schon seinem Opa, Uropa und Ururopa, in die Wiege gelegt, dass ein Leben im nördlichem Sápmi ohne Rentiere nicht möglich ist. Sie wurden/werden für Mobilität und Transport gebraucht.Die Haut der Tiere wird für die Tippies genutzt und das Fleisch als Nahrung. Der Kampf gegen den „grünen" Kolonialismus in Sápmi, der sich beispielsweise gegen die riesigen Windturbinenparks oder sich weiter ausdehnenden Minen und die Abholzung der letzten natürlichen Wälder richtet, steckt momentan in einer entscheidenden Phase, da eine groß angelegte Megaindustrie in der Region den kolonialen Extraktivismus nur noch vorantreiben wird. Weiterhin bleibt Deutschland eines der größten Exportländer dieser dreckigen Industrien und auch das trügerische „progressive" Image der skandinavischen Staaten hält sich hartnäckig. Dabei sollte eigentliche gerade die aktuelle Politik Schwedens hinsichtlich des NATO-Beitritts dem letzten die Augen öffnen.

Wie durch den Vortrag auch deutlich hervorgehoben wurde, ist es besonders die Jugend, die eine starke Organisierung aufbaut und in die viel Hoffnung gelegt wird.

Weitere Termine sind:
28. Mai: Appelscha (NL)
29. Mai: Kiel
13.00 Uhr Demonstration auf dem Wasser und an Land
An Land: Sporthafen Seeburg
Auf dem Wasser: Fahrwassertonne K1
18.00 Uhr: Küfa Alte Mu (Lorentzendamm 6-8)
19.00 Uhr:Vortrag Alte Mu