Der Demokratische Zivilrat von Minbic fordert angesichts des Kriegskurses gegen Nord- und Ostsyrien internationale Maßnahmen gegen das türkische Regime. Im Windschatten der Sicherheitsoperation in Deir ez-Zor verüben von der Türkei gesteuerte Dschihadistenmilizen den zweiten Tag in Folge schwere Angriffe auf Siedlungsgebiete in der Stadt sowie Verteidigungslinien des Militärrats von Minbic, die bereits zu Verlusten in der Zivilbevölkerung geführt haben. Im Ort Mahsanli (auch Al-Mohsenli) im Nordwesten der Metropole wurden in der Nacht zum Freitag vier Geschwister im Alter von zehn, vierzehn, fünfzehn und siebzehn Jahren beim einem von Artilleriebeschuss begleiteten Infiltrationsversuch getötet. Etwa zeitgleich wurde im nahegelegenen Dorf Awn al-Dadat ein vierzig Jahre alter Bewohner verletzt – ebenfalls durch einen Angriff pro-türkischer Fraktionen.
Der Zivilrat von Minbic sieht hier klare Verstöße gegen das Völkerrecht und ruft humanitäre und friedensfördernde Organisationen zu einem konsequenten Einsatz für die sofortige Beendigung der Angriffe auf. „Der faschistische Terrorstaat Türkei führt eine auf Genozid ausgelegte Politik. Er schreckt selbst am internationalen Weltfriedenstag nicht vor Massakern zurück“, sagte Abdul Basit Al-Shuwaikh, Koordinator des Zivilrats, bei einer vor dem Verwaltungsgebäude abgegebenen Presseerklärung. Diese Politik destabilisiere Nord- und Ostsyrien nachhaltig. „Das Handeln der Türkei und ihrer islamistischen Mörderbanden richtet sich gezielt gegen die Sicherheit in unseren Regionen, den Willen der Völker und ihre legitimen Rechte. Es wird versucht, Angst und Schrecken zu verbreiten und eine Vertreibungswelle in Gang zu setzen. Wir verurteilen diese Besatzungsangriffe, an denen auch andere staatliche Akteure beteiligt sind, auf das Schärfste und lehnen das Schweigen der globalen Gemeinschaft ab.“
An der Presseerklärung beteiligten sich neben Mitgliedern des Zivilrats auch führende Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft sowie mehrere Geistliche. Gezeigt wurden Transparente, auf denen neben den am Vortag in Minbic ermordeten Kindern und Jugendlichen auch Abdullah Öcalan zu sehen waren. „Unsere Verbundenheit zu ihm kann durch nichts zunichte gemacht werden“, betonte Al-Shuwaikh. Das Vertrauen der Gemeinschaften Minbics auf die Ideen des kurdischen Vordenkers und sein Paradigma einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft sei unerschütterlich. „Entgegen aller anderen Akteure ist Abdullah Öcalan der Einzige mit einem nachhaltigen Friedensplan für unsere Regionen und darüber hinaus. Wir werden uns stets dafür einsetzen, dass dieser Plan in Erfüllung geht.“
Strategische Stadt Minbic
Minbic, zu Deutsch Manbidsch, liegt 30 Kilometer südlich der türkischen Grenze und nimmt eine strategische Schlüsselposition in den Plänen der Türkei für eine Ausdehnung ihrer illegalen Besatzungszone in Nordsyrien ein. Die von der Autonomieverwaltung (AANES) administrierte Stadt liegt an der wichtigen Autobahn M4, die das nördliche Syrien wie eine Lebensader durchzieht und bereits für den IS eine strategische Versorgungsroute darstellte.
2022 wurde Minbic vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan neben Tel Rifat als erstes Angriffsziel für eine neuerliche Invasion der Türkei in Nord- und Ostsyrien benannt. Immer wieder kommt es dort zu Angriffen der türkischen Armee und dem Dschihadistenbündnis „Syrische Nationalarmee“ (SNA), die sich mit dem Ziel einer Vertreibung der Bevölkerung hauptsächlich gegen zivile Siedlungsgebiete richten.
Bei der SNA handelt es sich um eine Koalition reaktionärer, islamistischer und fundamentalistischer Milizen, die von der Türkei bezahlt, ausgerüstet und trainiert wird. Die Fraktionen des Söldnerverbands beteiligen sich im Sold Ankaras an der Besatzung von Teilen Nord- und Nordwestsyriens und sind für zahlreiche Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung verantwortlich. Mehrere Gruppierungen und ranghohe Mitglieder befinden sich auf Sanktionslisten der USA.