YPJ-Kommandantin Axin Nucan: Dieser Kampf bestimmt die Zukunft

Mit dem Widerstand gegen die türkische Invasion in Nordsyrien wird die Menschenwürde verteidigt, erklärt die YPJ-Kommandantin Axin Nucan. Der Kampf um Rojava bestimmt die Zukunft.

Axin Nucan ist Mitglied der Generalkommandantur der Frauenverteidigungseinheiten YPJ und hat sich zur Invasion der türkischen Armee und islamistischer Proxys in Nordsyrien geäußert.

Die am 9. Oktober gestartete Invasion verfolgt das Ziel eines Genozids, die Bevölkerung soll vertrieben und die demografische Struktur der Region verändert werden, betont die YPJ-Kommandantin und bezeichnet den Widerstand, der in Serêkaniyê und weiteren Orten in Rojava geleistet wird, als „ein zweites Kobanê“. In Kobanê hatte der IS 2014/2015 seine erste Niederlage erlitten. Die Stadt wurde in einer ausweglos erscheinenden Situation von den YPJ und YPG freigekämpft.

Der Angriff des türkischen Staates richtet sich gegen den Willen aller in der Region ansässigen Völker, sagt Axin Nucan. Der Widerstand dagegen bedeute gleichzeitig den Schutz der Menschenwürde. Die auf eine dauerhafte Besatzung abzielende Invasion sei Teil des Gesamtkonzepts, das gegen die Revolution von Rojava angewendet wird, so die YPJ-Kommandantin:

„Der türkische Besatzerstaat unter Führung Erdoğans will das Osmanische Reich in der Region wiederherstellen. Erdoğan hat in diesem Rahmen eine Landkarte aufgezeigt. Der Plan ist jedoch nicht auf Erdoğan begrenzt. Die Weltmächte sehen die organisierte Gesellschaft als Gefahr an, deshalb soll sie mit der Besatzungsoperation auseinander getrieben werden. Zu Beginn der Invasion hat Erdoğan erklärt, dass als erster Schritt ‚die Region gesäubert‘ und als zweiter Schritt Migranten angesiedelt werden sollen. Von welchen Migranten spricht er? Welche Familie aus Serêkaniyê ist zu Erdoğan geflüchtet? Die ansässige Bevölkerung soll vertrieben und an ihrer Stelle sollen Dschihadisten angesiedelt werden. Bei den laufenden kurdenfeindlichen Aktivitäten ist Erdoğan jedoch nur in der Position, die ohnehin gefassten Beschlüsse umzusetzen.“

Unakzeptable Bedingungen

Nucan verweist auf die fünftägige „Waffenruhe“, die unter bestimmten Bedingungen akzeptiert worden ist: „Es besteht jedoch ein großer Unterschied zwischen den Bedingungen, über die im türkischen Fernsehen berichtet wird, und denen, die uns genannt worden sind. Was auf türkischer Seite zur Sprache gebracht wird, läuft auf eine Kapitulation hinaus. Das ist eine Bedingung, die wir nicht akzeptieren können. Ohnehin kann im Moment nicht von einer Waffenruhe gesprochen werden. Damit sollte nur die Agenda verändert werden, weil die ganze Welt ablehnend auf die Invasion reagiert hat. Dadurch wurde Erdoğan zu einem solchen Schritt gezwungen. Die Proteste sollten aufgeweicht werden. Unsere Kämpferinnen und Kämpfer haben in Serêkaniyê Widerstand gegen brutalste Angriffe und eine hochentwickelte Waffentechnologie geleistet. Für alle Toten und Verletzten nach Ausrufung des Waffenstillstands sind neben Erdoğan auch die USA verantwortlich. Das muss der Welt bewusst sein.“

Die YPJ-Kommandantin betont, dass gegen islamistische Proxys gekämpft wird, die von der Türkei ausgebildet und ausgerüstet worden sind. „Wie kann Erdoğan uns als Terroristen bezeichnen? Die Kräfte, die bis gestern mit uns gegen den IS gekämpft haben, haben sich jetzt mit Erdoğan verbündet und treffen Entscheidungen gegen uns.“

„Der Geist der YPJ ist die Verbundenheit zum Leben“

Zuletzt sagt Axin Nucan: „Alle unsere Kämpferinnen wollten nach Serêkaniyê gehen und dort Widerstand leisten. Wir können sie nur schwer zurückhalten. Dieser Widerstand bestimmt die Zukunft, in diesem Bewusstsein wollen alle kämpfen. Für uns ist nur ein freies Leben annehmbar. Seit Beginn der Revolution haben die YPJ in allen Kampfgebieten eine Vorreiterrolle gespielt. Diese Entschlossenheit gilt auch für den Kampf um Rojava. Unsere Freundinnen begegnen dem Tod in Serêkaniyê mit lachendem Gesicht. Für sie zählt nur der Erfolg. Das ist die Philosophie unserer Lebensverbundenheit.“