Seit die Türkei vor Wochen erneut die Trinkwasserpumpstation Elok (Allouk) östlich von Serêkaniyê (Ras al-Ain) vom Netz genommen hat, ist die Wasserversorgung von Nordostsyrien wieder unterbrochen. Über eine halbe Million Menschen im Großraum Hesekê sowie hunderttausende Binnenvertriebene im Umland haben mitten in der Coronavirus-Pandemie keinen Zugang zu Wasser. Der türkische Staat nutzt das blaue Gold systematisch internationalen Konventionen zuwider als Kriegswaffe. Die aktuelle Unterbrechung ist nur eine von vielen, seit Serêkaniyê im vergangenen Oktober völkerrechtswidrig besetzt wurde. Die Bekämpfung der Pandemie kommt durch die Wasserknappheit praktisch zum Erliegen.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Syrisch-Orthodoxe Kirche mit einem dringenden Appell an die Vereinten Nationen und Europa gewandt. In einem von Moran Mor Ignatius Ephräm II. Karim, dem Patriarchen von Antiochien unterzeichneten Brief an UN-Generalsekretär António Guterres, UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet und Charles Michel, dem Präsidenten des Europarates, äußert das in Damaskus residierende Kirchenoberhaupt seine tiefe Besorgnis über die „humanitäre Katastrophe“, die sich gegenwärtig im Nordosten von Syrien abspielt.
„Mehr als eine Million Syrerinnen und Syrern wird ein grundlegendes Menschenrecht, nämlich das Recht auf Leben, verweigert”, heißt es in dem Schreiben. In voller Absicht sei die Wasserversorgung durch bewaffnete Gruppierungen im Dienste der türkischen Besatzung unterbrochen worden, durch den Wasserentzug werde vor allem die Gesundheit von Kindern, Älteren und schutzbedürftigen Menschen gefährdert. „Dies geschieht zu einer Zeit, in der die Ausbreitung von Covid-19 im ganzen Land ihren Tribut fordert. Die heißen Temperaturen in der Region verschlimmern zudem die gegenwärtige Situation”, so der Patriarch.
Weiter heißt es: „Wasser als Waffe einzusetzen - was nicht zum ersten Mal geschieht - ist ein barbarischer Akt und eine eklatante Verletzung der grundlegenden Menschenrechte. Dennoch hat die internationale Gemeinschaft trotz ständiger Appelle der Menschen in der Region keine Antwort auf diese Gräueltat gegeben. Wenn die Wasserblockade fortgesetzt wird, wäre es nur angemessen, diesen unmenschlichen Akt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bezeichnen.
Während wir die internationale Gemeinschaft für die Folgen dieses unethischen Aktes verantwortlich machen, fordern wir die Vereinten Nationen, das Hochkommissariat für Menschenrechte und die Europäische Union dringend auf, sich unverzüglich mit dieser Katastrophe auseinanderzusetzen und den leidenden Menschen in Hesekê und Nordostsyrien Wasser und Hilfe zukommen zu lassen.”