Wasser als Kriegswaffe: Die türkische Staudammpolitik in Rojava
Die Wasserpolitik der Türkei führt zunehmend dazu, dass Rojava das Wasser ausgeht. Die Delegation „Gemeinsam kämpfen“ hat in Nordsyrien recherchiert.
Die Wasserpolitik der Türkei führt zunehmend dazu, dass Rojava das Wasser ausgeht. Die Delegation „Gemeinsam kämpfen“ hat in Nordsyrien recherchiert.
Für die Aktion der lebenden Schutzschilde gegen die türkische Invasionsandrohung verbringt ein Teil der „Gemeinsam kämpfen“-Delegation drei Tage in der nordsyrischen Grenzstadt Serêkaniyê. Serêkaniyê, wie auch der arabische Name Ras al-Ain, bedeutet „an der Quelle“. Mehr als 100 unter- und oberirdische Quellen versorgten die Region mit Wasser, was sie schon in der Antike zu einem bedeutenden Anbaugebiet machte. Die Wasserpolitik der Türkei führt jedoch zunehmend dazu, dass der Region das Wasser ausgeht.
Çiya führt uns durch die Stadt. Er zeigt uns ein eingestürztes Haus und erklärt, dass zahlreiche unterirdische Wasserkammern aufgrund der Staudämme im türkisch besetzten Teil Kurdistans nun leer seien. Durch den Wassermangel entstanden Hohlräume. Das Wasser trug zum Teil die Gebäude und Straßen. Gebäude, die auf diesen trockengelegten Höhlen stehen, sind einsturzgefährdet.
Auch in der Straße zeigen sich Risse und Löcher. „Man sollte in Serêkaniyê immer schauen, wo man hintritt“, so Çiya. Die ehemalige Bewohnerin des Hauses berichtet uns: „Wir haben Risse in der Wand bemerkt, die immer größer wurden. Die Stadtverwaltung hat uns dann ein anderes Haus zugewiesen. Schon am nächsten Tag ist das Haus eingestürzt.“
Eine der trockengelegten Quellen ist in der Nähe von Serêkaniyê zu sehen, ein 15 Meter tiefes Loch. „Es war bis dort oben hin voll mit Wasser“, berichtet unser Fahrer, früher sei man hier hier schwimmen gegangen. Durch den Stadtkern von Serêkaniyê schlängelt sich ein fast ausgetrocknetes Flussbett, breiter als die Straße. Hier floss der Habur, ein Nebenfluss des Euphrat. Er fließt über die syrisch-türkische Grenze bis nach Til Halaf, das etwa vier Kilometer südwestlich von Serêkaniyê liegt.
Der Fahrer berichtet, dass das Wasser seit 2004 von Jahr zu Jahr weniger wurde, nun sei der Habur fast ganz versiegt. Mehr als 80 Prozent des Wassers komme aus der Türkei, zum großen Teil als unterirdischer Fluss, aber es komme weder unter- noch überirdisch etwas davon in Serêkaniyê an.
Wasser als Kriegswaffe
Serêkaniyê ist nur ein Beispiel für den Einsatz von Wasser als Kriegswaffe. Die Türkei kann aufgrund der großen Speicherkapazitäten der Staudämme auch an anderen Orten jederzeit das Wasser willkürlich sperren. In der Stadtverwaltung von Kobanê erfahren wir, dass es für die Bevölkerung nur zu bestimmten Tageszeiten Strom und Wasser gibt, da der Wasserdruck nicht mehr ausreiche, um die Turbinen des Tişrîn- und Tabqa-Staudammes anzutreiben.
In Til Nasri, einem assyrischen Dorf weiter südlich am Habur, berichtete uns der Dorfvorsteher, der während der Kämpfe gegen den sogenannten Islamischen Staat im Dorf geblieben war, dass der trockengelegte Habur in der Zeit durch die Türkei geflutet worden ist, um die YPG an der Überquerung zu hindern und einen Angriff auf den IS unmöglich zu machen.