Türkei führt IS-Maßnahmen in Girê Spî ein

Die türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen im nordsyrischen Girê Spî plündern und morden. Es werden türkische Ausweise eingeführt, Straßen und Orte umbenannt. An den Schulen wird Türkisch zum Pflichtfach.

Der türkische Staat greift Nord- und Ostsyrien an, um einen Genozid zu vollziehen und die demografische Struktur zu verändern. In der bereits besetzten Grenzstadt Girê Spî (Tall Abyad) sind erneut die Maßnahmen an der Tagesordnung, die der „Islamische Staat“ während seiner Terrorherrschaft vor vier Jahren angewendet hat.

Der türkische Staat und die von ihm als „Syrische Nationalarmee“ (SNA) bezeichneten Überbleibsel islamistischer Gruppierungen wie IS und al-Nusra setzen in den von ihnen besetzten Gebieten eine Politik des forcierten demografischen Wandels um. Die einheimische Bevölkerung wird vertrieben, an ihrer Stelle werden die Familien von Islamisten und aus den Turkstaaten importierte Menschen angesiedelt.

Allein die Rechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, die der türkische Staat in der ersten Dezemberhälfte in der mit brutalen Angriffen eingenommenen Stadt Girê Spî begangen hat, belegen eindeutig, dass sich das Vorgehen des IS-Regimes wiederholt. Die Nachrichtenagentur ANHA berichtet über folgende Vorgänge:

Geschäfte geplündert

Die türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen haben beim Einzug in die Stadt sofort mit der Plünderung des Eigentums der Zivilbevölkerung begonnen. Zwischen den Invasoren ist es bereits wiederholt zu Konflikten über die Aufteilung der geplünderten Güter gekommen. Die von der Türkei gesteuerten Milizen Ahrar al-Sharqiya und Jabhat al-Shamiya betrachten das Eigentum der Bevölkerung als Kriegsbeute und haben in der vergangenen Woche sämtliche Geschäfte der Familie Mîrzo geplündert. Da Uneinigkeit über die Aufteilung der Ware herrschte, kam es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung. In beiden Gruppen gab es Tote und Verletzte.

Zivilisten bei Protesten getötet

Die in Girê Spî verbliebene Bevölkerung reagiert wütend auf die Rückkehr der IS-Maßnahmen. Vergangene Woche führte der Einfall dschihadistischer Milizionäre in ein Geschäft im nahegelegenen Dorf Xirbet Riz zu einem Aufstand. Der Laden gehörte Mustafa al-Awad, einem jungen Mann vom Stamm der al-Bu Khamis, der geschlossen gegen das Vorgehen der Besatzer auf die Straße ging. Die Dschihadisten eröffneten das Feuer auf den jungen Ladenbesitzer. Al-Awad wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus in Riha (Urfa) eingeliefert. Die protestierende Bevölkerung marschierte zu einem Militärstützpunkt der Invasionstruppen und wurde von Dschihadisten angegriffen. Bei den Auseinandersetzungen wurden vier Zivilisten und zwei Dschihadisten getötet.

In der vergangenen Woche fanden an mehreren Orten massive Proteste gegen die Besatzung statt. Im Wohnviertel Maber und den Dörfern Ali Baciliye, Xirbet El Riz, Sikeriye und Mesur brachten die Menschen ihre Wut mit Demonstrationen zum Ausdruck. Bei Angriffen der Besatzungstruppen kamen zwei Zivilisten ums Leben, vier weitere wurden schwer verletzt. Außerdem kam es zu 13 Festnahmen.

Grundversorgung nicht gesichert

Aufgrund der Plünderungen und der Zerstörung der Infrastruktur bei der türkischen Invasion herrschen Engpässe in der Versorgung mit Grundgütern wie Wasser, Brot und Lebensmitteln in Girê Spî. Die Lebensmittelpreise steigen rasant an.

Videoaufnahmen vom 5. Dezember aus Siluk, einer ebenfalls besetzten Ortschaft in der Nähe von Girê Spî, zeigen lange Schlangen vor einer Bäckerei. In dem Video beschweren sich die Menschen darüber, dass sie aufgrund der Plünderung kein Brot und Wasser haben. Sie sprechen von den Schwierigkeiten bei der Grundversorgung und sagen, dass die Besatzer hohe „Steuern“ erheben.

Wohnhäuser niedergerissen

Die Invasionstruppen haben Wohnhäuser in Girê Spî in die Luft gesprengt und anschließend mit Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht. Das Vorgehen richtete sich gegen Familien, aus denen sich Menschen den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) angeschlossen haben. Es existieren Videoaufnahmen aus dem dreißig Kilometer südlich von Girê Spî gelegenen Dorf Koramaz über dieses Vorgehen.

In einem Video vom 4. Dezember, das ebenfalls in den sozialen Medien verbreitet wurde, ist der Zivilist Hussein al-Samil zu sehen. Er wird von türkischen Soldaten und Dschihadisten auf den Boden geworfen und beschimpft, sein Geschäft wird vollständig ausgeplündert.

„Türkisierungspolitik“

Wie in allen besetzten Orten wendet der türkische Staat auch in Girê Spî eine Politik der „Türkisierung“ an. Straßen, Dörfer, Stadtteile und Schulen bekommen türkische Namen und in den Schulen wird die türkische Sprache zur Pflicht. In Mişêrfe Hawî filmten Anwohner, wie die Dorfschule von Soldaten feierlich in „Barış Pınarı” („Friedensquelle“, von der Türkei verwendeter Name für die Invasion in Nordsyrien) umbenannt wird.

Am Samstag wurde bekannt, dass an die Anwohner und die angesiedelten Dschihadisten-Familien türkische Ausweise ausgegeben werden.

Weizenvorräte vollständig geraubt

Die Invasoren haben bei der Besetzung der Stadt alle hochwertigen Güter geplündert. Auch die Weizenvorräte in der Region wurden nicht ausgelassen. Die Silos in Dihlez ve Sexrac wurden vollständig geplündert und der Weizen von Dschihadisten in die Türkei geschafft.