Bei Auseinandersetzungen zwischen Dschihadistenmilizen der von der Türkei gesteuerten SNA („Syrische Nationalarmee“) sind im besetzten Serêkaniyê (Ras al-Ain) in Nordsyrien offenbar mehrere Menschen getötet und verletzt worden. Quelle der Gefechte zwischen der von Ankara aufgebauten „Militärpolizei“ einerseits und der vom arabischen Stamm Karaan-al-Uqaydat dominierten „Hamza-Brigade“ andererseits sei eine am Freitag erfolgte Razzia im Haus eines Mitglieds der auch als Furqat al-Hamza bekannten Söldnergruppierung, meldete die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Die sogenannte Militärpolizei werfe dem Dschihadisten vor, Schmuggel betrieben zu haben. Weil er sich einer Festnahme widersetzt hätte, seien Schüsse auf ihn abgegeben worden. Dabei wurden der Beobachtungsstelle zufolge die Ehefrau und der Sohn des Hamza-Mitglieds getötet. Hieran entzündeten sich im weiteren Verlauf schwere Gefechte zwischen beiden SNA-Fraktionen, berichtete auch die in Rojava ansässige Nachrichtenagentur Hawarnews (ANHA). Beide Gruppierungen hätten sich im Stadtkern von Serêkaniyê heftige Auseinandersetzungen geliefert, bei denen Panzerfäuste, Mörsergranaten und schwere Maschinengewehre eingesetzt worden seien. Dabei seien auch mindestens fünf Militärfahrzeuge, darunter eins mit aufmontierter Flugabwehr, in Brand geschossen worden.
Wie viele zivile Opfer die Auseinandersetzungen in Serêkaniyê bislang gefordert haben, ist derweil noch unklar. Quellen von ANHA gaben eine ungefähre Zahl von zwanzig an. Innerhalb der Dschihadisten soll es mindestens drei Tote und ebenso viele Schwerverletzte geben. Dabei handele es sich um Angehörige der Hamza-Brigade. Sie seien in verschiedene Krankenhäuser in der Besatzungszone gebracht worden. Aktuell herrsche Ruhe in der Region – auch deshalb, weil die türkische Armee eingegriffen habe, um die ihr unterstehenden Milizen zu besänftigen. In der Bevölkerung der besetzten Stadt herrsche Panik, dass die Kämpfe wieder ausbrechen könnten.
Die westkurdische Stadt Serêkaniyê liegt an der Grenze zu türkischem Staatsgebiet und ist seit einem Angriffskrieg des NATO-Partners Türkei im Oktober 2019 besetzt. Der Krieg damals hatte auch die Besatzung der westlich von Serêkaniyê liegenden Stadt Girê Spî (Tall Abyad) zur Folge. Die türkische Armee hatte die Region mit Hilfe ihrer dschihadistischen Söldnerarmee SNA, chemischen Waffen und heftigen Luftangriffen erobert. Seitdem herrscht dort ein Schreckensregime.
Titelbild: Stadteingang in Serêkaniyê im August 2019, wenige Monate vor der Besatzung | ANF/Bêrîtan Sarya