„Explosiver Unterricht“ mit Schülern in Besatzungszone

An den Schulen in den Besatzungszonen Serêkaniyê und Girê Spî in Nordsyrien werden Schüler von türkischen Soldaten im Bombenbau unterrichtet. Die Kriegsausbildung wird zynisch als „Minenentschärfungskurs“ dargestellt.

Dass der türkische Staat in Syrien mit der breitesten Palette an Kriegsverbrechen agiert, ist allgemein bekannt. Zu der großen Bandbreite an Methoden kommt nun auch „explosiver Unterricht“ an den Schulen in den türkischen Besatzungszonen Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) im besetzten nördlichen Teil des Landes hinzu. Militärs lassen dort Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen fünf unf fünzehn Jahren mit Sprengvorrichtungen hantieren. Die Kriegsausbildung für Minderjährige wird zynisch als „Minenentschärfungskurs“ dargestellt.

„Wir wissen schon länger davon, dass die Türkei in Syrien Kindersoldaten rekrutiert und zum Kämpfen und als Wachposten einsetzt. Zuletzt starb in Efrîn ein Minderjähriger in Uniform bei Gefechten unter den Besatzungsmilizen“, sagt Evîn Cuma, Ko-Vorsitzende des Menschenrechtsvereins der Cizîrê-Region. „Die Türkei missbraucht Kinder für ihre Kriege. In den Reihen der von Ankara gesteuerten Dschihadistenmilizen befindet sich eine Vielzahl an Minderjährigen. Diese Kindersoldaten werden in Syrien ausgebildet und nach Libyen sowie andere Länder geschickt, in denen die Türkei militärisch interveniert“, erklärt Cuma.

Die Bilder türkischer Soldaten, die Kinder aus Serêkaniyê beim Bombenbau anleiten, rufen Entsetzen hervor. „Die Ältesten sind vermutlich 15 Jahre alt, wir wissen aber auch von fünfjährigen Vorschülern in gemischten Klassen“, sagt die Menschenrechtlerin. „Die Türkei ist nach dem Völkerrecht Besatzungsmacht in Syrien. Als solche muss dieses Land für seine dem Völkerrecht zuwiderlaufenden Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.“ Eine international aufgestellte Delegation sollte endlich in den türkischen Besatzungszonen die Situation der Kinder und Minderjährigen untersuchen, fordert Evîn Cuma. „Wie lange wollen Menschenrechtsorganisationen und zivilrechtliche Institutionen ihre Pflichten und Verantwortungen noch hinauszögern?“

Mindestens vier Prozent aller SNA-Dschihadisten minderjährig

Die Demokratische Partei der Völker (HDP) thematisiert immer wieder, dass der türkische Staat in Syrien Minderjährige an der Waffe ausbildet und als Kindersoldaten einsetzt. Zuletzt brachte auch die CHP die Beteiligung von Kindern an türkischen Angriffskriegen und Offensiven auf die Tagesordnung des Parlaments. Laut dem außenpolitischen CHP-Sprecher Ünal Çeviköz sind mindestens vier Prozent aller Angehörigen des Proxy-Invasionskorps „Syrische Nationalarmee” (SNA) unter 18 Jahren.