Scharia in Camp Hol
Im Camp Hol in Nordsyrien befinden sich Tausende IS-Anhängerinnen. Abweichlerinnen von der islamistischen Ideologie werden von einem Exekutionskomitee bestraft.
Im Camp Hol in Nordsyrien befinden sich Tausende IS-Anhängerinnen. Abweichlerinnen von der islamistischen Ideologie werden von einem Exekutionskomitee bestraft.
Im Camp Hol bei Hesekê versuchen IS-Frauen, ihre Weltanschauung durchzusetzen. Sie organisieren sich heimlich und zwingen andere Frauen, die sich vom Gedankengut der Terrororganisation „Islamischen Staat“ lossagen wollen, an Schulungen teilzunehmen.
Der IS gilt als gefährlichste Organisation der Welt und ist 2014 als „Islamischer Staat im Irak und der Levante“ auf der Bildoberfläche erschienen. Er hat brutale Massaker im Irak und in Syrien begangen und weite Gebiete besetzt. Im Frühjahr dieses Jahres wurde er von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) militärisch besiegt.
In Hol befinden sich über 40.000 Anhängerinnen und Anhänger des IS, die meisten davon Frauen mit Kindern. In dem Camp haben IS-Frauen einen Gerichtshof für die Wahrung der Scharia eingerichtet. Kinder werden in gesonderten Schulungen mit der Ideologie des IS indoktriniert. Unter dem Begriff „Hisba“ ist eine Bestrafungsinstitution gegründet worden. Diese Einrichtung spürt im Camp Menschen auf, die sich nicht an die Normen des IS halten, und tötet sie.
Gegenüber der in Nordsyrien ansässigen Nachrichtenagentur ANHA hat sich eine Zeugin der Vorfälle in Camp Hol geäußert. Aus Sicherheitsgründen wird ihr voller Name nicht genannt. H.B. stammt aus Europa und war selbst beim IS. Nach ihren Angaben werden Frauen, die sich von der islamistischen Ideologie lossagen und eine sichere Zukunft für ihre Kinder wollen, von den IS-Frauen bestraft. Die Sanktionen reichen bis zum Mord. „Es gibt keine Sicherheit mehr für die Frauen im Camp. Sie werden von der Hisba bestraft und ermordet. Dafür reicht es aus, farbige Kleidung zu tragen oder Musik zu hören. Auch die Kinder sind von diesem Vorgehen betroffen“, teilte die ehemalige IS-Anhängerin mit.
Was ist die Hisba?
Die Hisba ist im Islam eine religiöse Institution unter der Autorität des Staates für die Wahrung der Ordnung der Scharia. Sie ist zuständig für die Kontrolle des öffentlichen Raums und die Aufsicht über die Märkte. Nach muslimischem Glauben ist die Hisba die Pflicht, „das Rechte zu gebieten und das Verwerfliche zu verbieten“.
Deutsche IS-Mitglieder in Nordsyrien
Die Bundesregierung hat sich lange geweigert, sich der deutschen IS-Mitglieder und ihrer Kinder in Nordsyrien anzunehmen. Erstmalig wurden im August vier Kinder zurückgeholt. Anfang November hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das Auswärtige Amt verpflichtet, eine deutsche IS-Anhängerin und ihre Kinder aus Nordsyrien zurückzuholen.
Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien ruft seit über einem Jahr die Herkunftsstaaten der IS-Mitglieder in den Camps und Gefängnissen in der Region dazu auf, ihre Staatsangehörigen zurückzuführen. Zudem warnt sie immer wieder vor einem möglichen Kontrollverlust über die IS-Gefangenen durch die Angriffe der Türkei auf Nordsyrien. Aufgrund der türkischen Invasion in Rojava ist bereits Hunderten IS-Anhänger*innen die Flucht aus Internierungslagern gelungen. Einige davon sind in der Türkei oder in der türkischen Besatzungszone in Nordsyrien wieder aufgetaucht.