Russland holt weitere IS-Waisen zurück

Die Behörden der nordostsyrischen Autonomieverwaltung haben acht IS-Waisen an eine Abordnung der russischen Kinderrechtsbeauftragten übergeben. Damit hat Russland seit dem Frühjahr 2019 insgesamt 225 Kinder von IS-Mitgliedern zurückgeholt.

Die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lvova-Belova ist am Donnerstag mit dem Außenbeauftragten der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Abdulkarim Omar, in Qamişlo zusammengetroffen, um eine Gruppe Waisen in Empfang zu nehmen. Insgesamt wurden acht Kinder von Eltern, die Mitglieder der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) waren und die russische Staatsbürgerschaft besaßen, der Abordnung der russischen Duma übergeben.

Für Maria Lvova-Belova, die im Oktober zur Chefin der Ombudsstelle für Kinderrechte ernannt wurde, war es die erste Reise ins nordostsyrische Autonomiegebiet. Bei dem Gespräch in den Räumlichkeiten der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten zeigte sie sich erfreut über die „gelungene Rückführungsaktion“, die den Kindern in Russland eine sichere Zukunft, Bildungschancen und ein Leben in Gesundheit fernab der IS-Doktrin ermögliche. Ressortleiter Abdulkarim Omar klärte die Delegation über die derzeitige Lage im Internierungs- und Auffanglager Hol bei Hesekê auf, wo auch die nun repatriierten Waisen zuletzt untergebracht waren.

Das Camp gilt als tickende Zeitbombe. Die humanitäre Lage ist von Unterernährung und mangelnder Versorgung geprägt, da internationale Hilfsorganisationen kaum noch Zugang haben. Zwar setzt die unter Embargo und Krieg leidende Selbstverwaltung alles daran, die derzeit gut 57.000 Menschen so gut wie möglich zu versorgen. Aufgrund der ausbleibenden internationalen Hilfe entstehen jedoch massive Versorgungslücken. Hinzu kommt, dass die radikalsten unter den IS-Anhängerinnen Teile des Lagers wie einen IS-Staat im Kleinen führen. Die Kinder wachsen radikalisiert auf, es wächst eine neue IS-Generation an. Das stellt nicht nur für Syrien ein großes Sicherheitsrisiko dar.

Abdulkarim Omar (l.) und Maria Lvova-Belova,bei der Protokollunterzeichnung

„Wir fordern die internationale Staatengemeinschaft seit Jahren auf, ihre in Nordostsyrien festgehaltenen oder inhaftierten Bürgerinnen und Bürger zurückzunehmen. Nur die wenigsten Länder haften für ihre Staatsangehörigen. Die meisten Regierungen entziehen sich der Verantwortung“, kritisierte Abdulkarim Omar. Maria Lvova-Belova erklärte, Kinder könnten nichts für die Taten der Eltern. „Sie haben ein Recht auf ein Leben in Würde und Gesundheit, auf Bildung und Sicherheit. Wir arbeiten daran, ihnen dies zu ermöglichen“, so Lvova-Belova. Mit der jüngsten Repatriierung hat Russland seit der Zerschlagung der IS-Territorialherrschaft in Syrien im Frühjahr 2019 insgesamt 225 Kinder und Jugendliche in ihr Heimatland zurückgeholt.