Russland holt weitere IS-Waisen aus Camp Hol zurück
Im Rahmen der zehnten Rückführungsaktion mit Russland hat die Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens zwanzig IS-Waisen an eine Delegation der russischen Ombudsstelle für Kinderrechte übergeben.
Im Rahmen der zehnten Rückführungsaktion mit Russland hat die Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens zwanzig IS-Waisen an eine Delegation der russischen Ombudsstelle für Kinderrechte übergeben.
Einer Delegation der russischen Ombudsstelle für Kinderrechte wurden am Samstag zwanzig IS-Waisen übergeben. Es handelt sich um die zehnte zwischen der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens und Russland vereinbarte Rückführungsaktion von Kindern, deren Eltern beim selbsternannten IS waren und die russische Staatsbürgerschaft besaßen. Zuletzt waren im April 35 Minderjährige nach Russland überführt worden.
An der Protokollunterzeichnung in den Räumlichkeiten der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten der Selbstverwaltung in Qamişlo beteiligten sich auf Seiten der Autonomiebehörden Abir Iliya als Ko-Vorsitzende des Ressorts, Sena Deham vom Vorstand der Außenabteilung sowie Mitglieder des frauenpolitischen Bereichs. Russlands Kinderrechtsbeauftragte Anna Kuznetsowa hatte ihre Vertreterinnen Larisa Nikolaevina und Helena Alexandrovna ernannt.
Die russischen IS-Waisen, die nun über Damaskus in ihr Heimatland zurückgeführt werden, waren zuletzt im Auffanglager Hol (al-Haul), etwa 45 Kilometer südöstlich von Hesekê untergebracht. Die Eltern der Kinder sind in Ostsyrien im Zuge der Befreiungsoffensive gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ums Leben gekommen. Seit der Zerschlagung der Territorialherrschaft des IS im Frühjahr 2019 hat Russland insgesamt 205 Minderjährige aus Nordostsyrien zurückgeführt. „Wir danken allen Seiten, die bei dieser Aktion und früheren humanitären Missionen geholfen haben“, erklärte Larisa Nikolaevina bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Die Beamtin signalisierte zudem, dass in der nächsten Zeit weitere IS-Waisen nach Russland repatriiert werden sollen. Eine Zahl nannte sie nicht.
Pressegespräch nach Protokollunterzeichnung
Russischer UN-Vertreter: Rückholung nach Völkerrecht Pflicht
Anfang Mai hatte der stellvertretende Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen (UN), Gennady Kuzmin, die internationale Staatengemeinschaft aufgefordert, die ausländischen Kinder in Camp Hol in ihre Herkunftsländer zu überführen. „Staaten sind nach dem Völkerrecht und auch nach der Kinderrechtskonvention verpflichtet, ihre Bürger zurückzunehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass die Kinder ihrer Staatsangehörigen staatenlos werden“, sagte Kuzmin während einer Sitzung der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates mit dem Titel „Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Übergriffe gegen Kinder in Situationen bewaffneter Konflikte“. Es dürfe nicht unterschieden werden zwischen „guten Eltern und schlechten Eltern“. Die Herkunftsländer müssten sich verantwortlich für die Kinder in Camp Hol zeigen und ihre sichere Heimkehr gewährleisten.
Europa tut sich schwer im Umgang mit IS-Angehörigen
Die meisten Länder tun sich schwer im Umgang mit IS-Angehörigen und ihren Kindern in den Autonomiegebieten, insbesondere Europa. Vor allem Camp Hol, das zu den gefährlichsten Orten der Welt gehört, gilt mittlerweile als Symbol für die Verweigerung der Internationalen Gemeinschaft, Verantwortung für ihre Staatsangehörigen zu übernehmen. Mit über 60.000 Menschen ist das Lager vollkommen überbelegt, neben Flüchtlingen befinden sich dort zehntausende Familienangehörige von IS-Dschihadisten aus 52 Nationen. Die Hälfte aller Bewohner:innen ist minderjährig. Der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, fordert, dass die internationale Anti-IS-Koalition die Heimatländer der in der Region festgehaltenen IS-Anhänger:innen bei der Rückführung unterstützt.
Mijatovic fordert Rückführung von Europäern aus Nordsyrien
Am gestrigen Freitag hat dann die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovic, die Mitgliedsstaaten aufgefordert, ihre in Nord- und Ostsyrien festgehaltenen Staatsangehörigen zurückzunehmen. Die Zustände in den Auffanglagern im Autonomiegebiet seien „menschenunwürdig“ und verstießen gegen das Völkerrecht, heißt es in einer von Mijatovic an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) übermittelten Bewertung.
EGMR befasst sich mit Fällen von IS-Frauen
Durch die prekären Verhältnisse in den Internierungs- und Flüchtlingslagern, in denen Angehörige der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) untergebracht sind, sei ihre körperliche und geistige Gesundheit in Gefahr, insbesondere der Kinder. Ihre andauernde Internierung sei nicht mit Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar, der sowohl die Folter als auch darüber hinaus jede unmenschliche und erniedrigenden Behandlung verbietet, so Mijatovic. Im September wird sich der EGMR mit den Fällen von IS-Frauen in der Region befassen.