In Rom findet an diesem Montag ein Ministertreffen der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) statt. Pandemiebedingt ist dies das erste persönliche Treffen der Allianz seit Februar 2019. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) reist auf Einladung seines italienischen Amtskollegen Luigi Di Maio und der von US-Außenminister Antony Blinken in die italienische Hauptstadt.
Die Anti-IS-Koalition wurde 2014 unter dem früheren US-Präsidenten Barack Obama gegründet und umfasst derzeit 83 Mitglieder, darunter Deutschland und alle anderen EU-Mitgliedstaaten, und fünf internationale Organisationen (EU, NATO, Arabische Liga, Interpol sowie die Gemeinschaft der Sahel- und Sahara-Staaten). Sie sieht es als ihre Hauptaufgabe, der Terrormiliz ihre Finanzierungsquellen zu entziehen, gegen sogenannte Foreign Fighters vorzugehen, die Stabilisierung in den von der IS-Herrschaft befreiten Gebieten in Syrien und Irak zu unterstützen und gegen terroristische Propaganda, vor allem im Internet, vorzugehen.
Bildungs- und Deradikalisierungsprogramme
Der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, fordert die Koalition auf, die Heimatländer der in den Auffang- und Internierungslagern im Autonomiegebiet von Nord- und Ostsyrien festgehaltenen IS-Anhänger:innen bei der Rückführung zu unterstützen. Eine Lösung für die zu zehntausenden in den Camps gelandeten Frauen, Kinder und Dschihadisten sei für einen „nachhaltigen Sieg“ über den IS-Terrorismus unbedingt erforderlich. „Wir rufen die Koalition auf, bei der Rückkehr dieser Menschen in ihre Heimatländer zu helfen, Bildungs- und Deradikalisierungsprogramme zu finanzieren und Stabilität und einen starken wirtschaftlichen Aufschwung in den befreiten Gebieten zu unterstützen, um die Ursachen des Extremismus zu bekämpfen“, schrieb Abdi im Kurznachrichtendienst Twitter.
Mazlum Abdi
QSD: Noch ein langer Weg bis zum endgültigen Sieg
Die QSD erklärten, es sei noch ein langer Weg, um die „Struktur und die extremistische Ideologie“ des IS zu beseitigen und seiner extremistischen Propaganda entgegenzutreten. Dies sei nicht weniger wichtig ist als der Kampf gegen den Terror, der im März 2019 in Baghouz mit der Zerschlagung der IS-Territorialherrschaft seinen bisherigen Höhepunkt fand. „Es ist aber auch kein Geheimnis, dass die Terrororganisation seit ihrer Niederlage in Baghouz ihre militärische Taktik und Operationsmethoden geändert hat, verstärkt auf kleinere Netzwerke und klandestine Zellen in zivilen Siedlungsgebieten setzt und aus dem Untergrund angreift“, so das multiethnische Bündnis. Die von Zellen ausgehende Gefahr sei erheblich und stelle ein großes Risiko für die Sicherheit in der gesamten Region und der Welt dar. Zudem bedrohe sie das Leben von Millionen von Menschen, die unter der IS-Herrschaft bereits „dunkle Tage“ erlebt haben. „Hier muss die Aufmerksamkeit der internationalen Parteien, in erster Linie unserer Partner in der internationalen Koalition, darauf gerichtet werden, die Koordination und Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen zu erhöhen sowie nachhaltigere und langfristige Programme zu entwickeln, die die Fähigkeit unserer militärischen Kräfte und Gemeinschaften stärken, den anhaltenden Bedrohungen durch die Terrororganisation zu begegnen“, so die QSD.
Auch Sahel-Region im Fokus der Koalition
Bisher war die Koalition gegen den IS auf Syrien und Irak konzentriert, bei dem Treffen in Rom soll erstmals auch Afrika und insbesondere die Sahel-Region im Fokus stehen. Der Sahel umfasst im engeren Sinn fünf Staaten in der Übergangsregion von Nordafrika zum subsaharischen Afrika. Von West nach Ost sind dies Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und der Tschad. Alle fünf Staaten werden immer häufiger von dschihadistischer Gewalt heimgesucht.
Ministertreffen zu Syrien
Nach dem Koalitionstreffen in Rom findet in Bari ein Ministertreffen zu Syrien statt. Im Vordergrund sollen vor allem die Beratungen zur Verlängerung der sogenannten Cross-Border-Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) stehen. Die Regelung erlaubte es den UN, humanitäre Hilfe auch in Teile Syriens zu bringen, die nicht vom Regime kontrolliert werden. Nach russischem Widerstand wurden die einst vier Übergänge zunächst auf zwei und vergangenen Sommer auf nur noch einen im Nordwesten an der Grenze zur Türkei reduziert - seitdem hat sich die Versorgungslage für einige Regionen deutlich verschlechtert. Am 10. Juli läuft das Mandat für den UN-Mechanismus aus. Russland hat bereits erkennen lassen, dass es einer Verlängerung nicht zustimmen wird.