Bei einem schweren Drohnenangriff der Türkei in Nordostsyrien sind nach Angaben der Autonomieverwaltung vier Kinder getötet worden, elf weitere wurden verletzt. Ziel des Luftschlags vom Donnerstagabend war demnach ein von den Vereinten Nationen (UN) gefördertes Bildungszentrum für Mädchen in der Ortschaft Şemoka (Shamuqah), die zwischen Til Temir und Hesekê liegt. Bei den Opfern handele es sich um Schülerinnen der Einrichtung.
„Dieser brutale Angriff verstößt gegen alle internationalen Gesetze und ist ein Kriegsverbrechen. Es ist ein genozidaler Angriff auf unser Volk, dessen Verantwortlicher mit seinem Profil eine Seite jener Medaille mitschmückt, auf der schon der IS zu sehen ist“, erklärte die Selbstverwaltung am Freitag in einer Mitteilung. Anlass zu Bedenken gebe auch die Tatsache, dass sich nur zwei Kilometer vom Angriffsort entfernt eine Basis der von den USA angeführten internationalen Koalition gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) befindet.
Weitgehend unbeachtet von der westlichen Öffentlichkeit hat die Türkei in den vergangenen Wochen ihre Drohnen- und Artillerieangriffe auf Nord- und Ostsyrien massiv ausgeweitet. Seit Monaten droht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan zudem mit einem neuerlichen Angriffskrieg gegen die Region. Ankara begründet die kriegerische Aggression gegen den mehrheitlich kurdischen Nordosten von Syrien mit einer „terroristischen Bedrohung“ für die Türkei, um eine weitere Besatzungsoffensive zu rechtfertigen.
Dass diese dauerhafte Bedrohung für Nord- und Ostsyrien durch die türkische Führung ignoriert werde, bedeute, dass Erdoğan der gesamten Bevölkerung in den Autonomiegebieten seinen Terror aufzwingen kann – „und der Westen schaut zu“, beklagt die Selbstverwaltung. Die von der Türkei und ihren Verbündeten ausgehende Gewalt gehöre bereits seit Jahren zum Alltag der Menschen, seit Wochen nehme sie jedoch von Tag zu Tag zu. „Wir fordern die US-geführte globale Anti-IS-Koalition, alle verantwortlichen Organisationen und die UN auf, eine eindeutige Haltung zu zeigen und die Aggression der Türkei einzudämmen“, hieß es weiter.
Fast 70 Drohnenangriffe in diesem Jahr
Durch gezielte Drohnenschläge der Türkei sind seit Jahresbeginn mindestens fünfzig Menschen in Nord- und Ostsyrien ermordet worden, über achtzig wurden verletzt. Erfasst wurden 69 Luftangriffe durch Kampfdrohnen, es wird eine höhere Dunkelziffer vermutet. Weitere Todesopfer und Verwundete gab es durch Artilleriebeschuss.