Repression gegen den indigenen Widerstand in Guatemala

Luis Pacheco und Héctor Chaclan, die 2023 im Vorstand der indigenen Bürgermeister der „48 Kantone von Totonicapán“ saßen und an der Verhinderung eines Staatsstreichs in Guatemala beteiligt waren, wurden verhaftet.

Luis Pacheco und Héctor Chaclan verhaftet

Guatemala erwachte am Morgen des 23. April 2025 mit der Nachricht von der Verhaftung der indigenen Anführer Luis Pacheco und Héctor Chaclan, die im Jahr 2023 im Vorstand der indigenen Bürgermeister der „48 Kantone von Totonicapán“ saßen, wo es ihnen im Bündnis mit Behörden und Organisationen anderer Maya-Völker und indigener Organisationen gelang, durch einen friedlichen 106-tägigen Protest einen Staatsstreich zu verhindern.

Während in einigen Medien behauptet wurde, dass diese ehemaligen indigenen „lideres“ bereits inhaftiert worden seien, bestritten Sprecher anderer Organisationen diese Tatsache.

Nach 12 Uhr mittags gab es Gewissheit und die ersten Bilder von der Überführung der beiden Personen in den Gerichtsturm, aber bevor ich fortfahre, möchte ich einige Zusammenhänge erläutern, warum dieses Ereignis das ganze Land und die guatemaltekische Diaspora empört hat – vor allem für Menschen, die nicht aus Guatemala stammen, und auch für diejenigen, die es sind, die aber nichts von der Existenz der ursprünglichen Völker des Landes und ihrer eigenen Organisationsformen wissen – Mechanismen, die faktisch schon vor der Gründung des Nationalstaates bestanden.

Guatemala ist ein Land, in dem mehr als 60 Prozent der Bevölkerung indigen sind. Auf dem rund 108.000 Quadratkilometer großen Territorium leben Maya-, Xinka- und Garifuna-Völker sowie ladinische und mestizische Bevölkerungsgruppen, die sich selbst nicht als indigen betrachten; die Statistiken über den Rückgang der indigenen Bevölkerung sind Teil des strukturellen Rassismus, auf dem die Grundlagen dieses kleinen mittelamerikanischen Landes beruhen.

Anthropolog:innen und Forschenden zufolge hat Guatemala seit der Kolonialzeit mehr als fünf Prozesse der Enteignung und des Völkermords erlebt, und inmitten dessen, was ich Epistemizid nenne, ist es den Völkern gelungen, trotz der internen Prozesse der Auslöschung und Ausrottung weiter und wieder zu existieren.

48 Cantones gehört zu den indigenen kommunalen Regierungen und Behörden, die bereits vor der Gründung des Nationalstaates existierten und die es trotz aller Versuche der Gewalt, der Enteignung und des strukturellen Rassismus geschafft haben, diese Organisation zu erhalten, die 2012 in weniger als zwölf Jahren mehrmals von der damals amtierenden Regierung angegriffen wurde. Dabei wurden sieben Menschen ermordet und mehr als 40 weitere schwer verletzt.

Im Jahr 2023 gingen sie zusammen mit anderen Formen von Gemeinschaftsorganisationen in sieben anderen Städten des Landes auf die Straße, um den schleichenden Staatsstreich zu stoppen, den die Diktatur im Lande zu bewirken versuchte und der es in eine seiner größten Krisen der letzten 20 Jahre führte, was die ohnehin fast nicht vorhandene Demokratie erneut gefährdete. Die Forderungen dieser Behörden waren klar und nachdrücklich: der Rücktritt der Generalstaatsanwältin Consuelo Porras, dem sichtbaren Gesicht und Kopf der kriminellen Putschisten [gegen den gewählten Präsidenten Arévalo der Partei Movimiento Semilla].

Nach 106 Tagen des Widerstands und mit Unterstützung einer großen Mehrheit im Land wurde die Regierung der Partei „Movimiento Semilla“ nach vielen Anstrengungen vereidigt.

Zu den Träumen der Bevölkerung, der großen Mehrheit und der einheimischen Behörden des Landes gehörte die Hoffnung, dass die Regierung in der Lage sein würde, auf die Forderungen der massiven, populären und legitimen Bemühungen der Protestierenden einzugehen. Leider war dies nicht der Fall. Als die Regierung an die Macht kam, wurden die Forderungen des Volkes verwischt und als sie bereits an der Macht war, erklärte sie, dass es unmöglich und illegal sei, die kriminellen Putschisten zu beseitigen.

Luis Pacheco, der 2023 Präsident von 48 Cantones war, wurde zum Vizeminister für Energie und Bergbau ernannt, eine Ernennung, die seine Popularität schwächte und zu Konflikten innerhalb der indigenen Vertretungen des Landes führte.

48 Kantone werden jährlich erneuert und führen einen zweimonatigen Übergangsprozess in ihren verschiedenen Gremien durch, da es sich um eine Versammlung handelt und diese Versammlung die höchste Autorität der Gemeinschaft ist. Qaxqol ist ihr Name in der Maya-Sprache K'iche, was „Dienst mit Schmerz“ bedeutet.

Der landesweite Streik veränderte die jüngste Geschichte des Landes, wie wir sie kannten, und brachte zweifellos Veränderungen mit sich, die die Bevölkerung zuvor nicht erlebt hatte, und vor allem zeigte er, dass das Maya-Volk trotz aller Gewalt in Bewegung und lebendig ist.

Heute sehen wir, wie die derzeitige Regierung und ihr politisches Projekt, verurteilt durch ihre klassenmäßige, ethnische und naive Verfassung, jene Träume von Veränderung und Aktionen begraben, die von den Maya-Völkern kraftvoll angeführt wurden, und hinter den Gittern des diktatorischen Justizsystems finden wir vitale Führer, die den gesunden Menschenverstand und die Demokratie verteidigten.

Interviewausschnitte mit Luis Pacheco sind (auf Spanisch) in dieser Video-Dokumentation des Kollektivs „Festivales Solidarios“ über den 106-tägigen Nationalstreik zu sehen: 


Eine Petition zur Freilassung der Gefangenen kann hier unterzeichnet werden: https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfIb5uySJGSmtwSb-fiE194oCr2iBtQqNo5x0mnhBhOSTlgcg/viewform

Übersetzung des Artikels: Victor | Recherche AG