Reduzierung des Euphrat-Wassers bedroht Leben von Millionen

Seit drei Monaten reduziert der türkische Staat erneut die Wassermenge des Flusses Euphrat. Aufgrund dieser Blockade droht eine ernsthafte humanitäre Krise in Nordsyrien.

Mit einem in Jahrzehnten aufgebauten Netzwerk aus Staudämmen bedroht die Türkei ihre Nachbarstaaten. Insbesondere die aufgestauten Flüsse Euphrat und Tigris dienen der Erpressung Syriens und des Iraks, vor allem auch der selbstverwalteten Regionen in Nordsyrien. Die Türkei ist einer der wenigen Staaten, welche die internationale Wasserkonvention, die den Quellstaaten die alleinige Verfügungsgewalt über die Durchflussmenge des Flusswassers verbietet, nicht unterzeichnet haben. Die Türkei hat zwar diesen Vertrag nicht unterschrieben, jedoch gibt es ein Abkommen aus dem Jahr 1987 mit Syrien, das dem Land einen Durchfluss des Euphrat von 500 Kubikmetern Wasser pro Sekunde garantieren soll. Die Türkei reduziert den Durchfluss jedoch weitaus massiver. Im Moment liegt die Durchflussmenge bei 200 Kubikmetern pro Sekunde. Daher sanken die Pegel in den Euphrat-Staudämmen und insbesondere am Staudamm Tişrin in Nordsyrien um drei Meter. Aufgrund der Pegelabnahme nahm die Verschmutzung des Wassers deutlich zu. Auch die Stromproduktion der Wasserkraftwerke kam zum Erliegen. Viele Fischarten und andere Tiere sind durch die von der Türkei herbeigeführte Trockenheit akut bedroht.

Humanitäre Krise droht

Gegenüber der Nachrichtenagentur ANHA warnt der Direktor des nordsyrischen Tişrin-Staudamms, Mihemed Terbuş: „Aufgrund dieser bösartigen Politik des türkischen Staates droht eine humanitäre Krise. Krankheiten wie Cholera können sich ausbreiten. Die Menschen brauchen das Wasser des Flusses. Das Ackerland wird wieder austrocknen. Es hat sowieso nicht genug geregnet. Die Stunden, in denen es Strom gibt, mussten reduziert werden. Der Fluss ist sehr verschmutzt.“ Demgegenüber gibt es keinerlei internationale Proteste. Der türkische Staat hat freie Hand und setzt seine Austrocknungspolitik fort.

Video: ANHA

Wasserwerk in Elok: Weitere Waffe im türkischen Wasserkrieg

Das Wasserwerk in Elok bei Serêkaniyê (ar. Ras al-Ain) liegt mitten im von der Türkei und ihren Milizen besetzten Gebiet. Das Wasserwerk ist unerlässlich für die Versorgung des Kantons Hesekê. Insbesondere Lager wie Hol, Êriş und Waşokanî werden aus der Pumpstation versorgt. Allerdings haben die Besatzungstruppen das Pumpwerk abgeschaltet. Die in der Region präsenten Großmächte USA und Russland haben nichts gegen diese völkerrechtswidrige Politik unternommen. Nidal Mehmud, der Ko-Vorsitzende der Wasserdirektion von Hesekê, erklärt: „Jeden Tag findet der türkische Staat neue Gründe, das Wasserwerk in Elok zu schließen. Diese Station muss jedoch jeden Tag in Betrieb sein. Wasser darf nicht als politische Waffe verwendet werden. Der türkische Staat sollte sich aus dem Wasserwerk zurückziehen.“

Um eine humanitäre Krise zu verhindern, fanden Treffen zwischen der Wasserbehörde von Hesekê und dem Roten Kreuz, UNICEF und den Vereinten Nationen statt. Die Blockade des Wasserwerks ist besonders vor dem Hintergrund der Pandemie besorgniserregend.

Internationale Institutionen kommen ihrer Verantwortung nicht nach“

Mahmud fordert die internationale Gemeinschaft auf, etwas zu unternehmen. „Die internationalen Institutionen kommen ihrer Verantwortung nicht nach. Sie verhalten sich nicht aufrichtig in der Frage, warum die Station nicht arbeitet, und führen technische Gründe an. Aber das ist nicht der Fall. Technische und Infrastrukturprobleme kann die Selbstverwaltung lösen. Aber der türkische Staat lässt das nicht zu“, kritisiert er.