Oliver Hall: Kein Vergeben, kein Vergessen

Vor einem Jahr ist der britische YPG-Kämpfer Oliver Hall in Raqqa gefallen. Internationalisten, die mit ihm gemeinsam gekämpft, gelebt und gelacht haben, erinnern in einem Nachruf an ihn.

Am 25. November 2017 ist der britische YPG-Kämpfer Oliver Hall bei der Minenräumung in Raqqa ums Leben gekommen. Seine internationalistischen Mitkämpfer erinnern an ihn:

„Vor einem Jahr fiel unser geliebter Freund und Genosse Ollie Hall (nom de guerre: Canşêr Zagros) im internationalen Kampf gegen den Terror des Islamischen Staates. Bevor er im August des Jahres 2017 nach Nordsyrien/Rojava gereist ist, um sich dem bewaffneten Kampf der YPG anzuschließen, arbeitete er als Telekommunikationstechniker in England. Nach seinem Militärdienst bei der YPG plante er, seine Fähigkeiten aus dem zivilen Leben für den Wiederaufbau in Nordsyrien einzusetzen.

Wir haben zusammen trainiert und gekämpft, gelebt und gelacht. Wir sind seine Freunde, seine Genossen und Brüder. Gemeinsam erlebten wir wunderbares und schreckliches. Zusammen haben wir uns einem Feind entgegengestellt, der unsägliches Leid über die Welt gebracht hat. Die Abscheulichkeiten des Islamischen Staates gehören zu den schrecklichsten Verbrechen, welche die Menschheitsgeschichte jemals bezeugen musste. Keine unserer Sprachen ist in der Lage, das Ausmaß ihrer Grausamkeit angemessen zu beschreiben. Doch ebenso wurden wir von den tapferen Menschen Nordsyriens empfangen, welche den Widerstand gegen diese Grausamkeit anführen und uns mit ihrem überwältigenden Einsatz für den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft eine schier unerschöpfliche Quelle an Inspiration und Motivation boten.

Ollie beteiligte sich an der Großoffensive ‚Gewittersturm Cizîrê‘, die darauf abzielt, das letzte Rückzugsgebiet des IS in Deir Ez-Zor von der dschihadistischen Terrorherrschaft zu befreien. Dabei übernahm er die Rolle eines Maschinengewehrschützen und zeigte dabei nichts als Tapferkeit und Entschlossenheit. Nach der Befreiung Raqqas meldete er sich freiwillig bei einer Einheit, die die Aufgabe hatte, die zurückkehrende Zivilbevölkerung zu schützen, indem sie sie davon abhielt, in die Gebiete der Stadt zu gehen, die noch nicht vollständig von Minen gesäubert wurden.

Traurigerweise verlor Ollie dabei am 25. November 2017 sein Leben. Er betrat gemeinsam mit einem anderen Genossen ein Wohnhaus, um es auf das Flehen und Bitten eines rückkehrenden Familienvaters mit einem Kleinkind hin auf Minen zu untersuchen und zum Betreten freizugeben. Im klaren Bewusstsein seines persönlichen Risikos zögerte Ollie nicht, sondern half der vor Krieg und Leid geflüchteten Familie beim Bezug ihres zurückgelassenen Zuhauses. Dabei wurde Ollie von einer Mine getötet, die von den Terroristen des Islamischen Staates hinterlassen wurde.

Sein Opfer rettete ihr Leben. Er ist ein Held. Sein Tod folgte einem Akt selbstloser Entschlossenheit, diejenigen zu schützen, die unter der Brutalität des IS gelitten haben. Seine Geschichte ist und wird uns immer ein Vorbild sein.

Deine Taten überdauern deinen Verlust. Du hast Menschen gerettet und inspiriert. Die Entschlossenheit und Selbstlosigkeit, mit der du gegangen bist, ist dein Vermächtnis. Şehîd Canşêr Zagros, Oliver Hall, du bist unsterblich! Şehîd Namirin!”

Unterzeichnet ist die Gedenkschrift für Oliver Hall von den Internationalisten Cîlo Boston (USA), Çîya / Jack B. (USA), Erdal / Dan Newey (GBR), Gabar Carlo (ITA), Îlyas Rus (RUS), Kemal Azad (USA), Piling Ravaşol (FRA), Rodî Xwendekar (USA), Roj Rojava / William (FRA), Sîdar Dêrsim / Jan-Lukas Kuhley (GER), Şoreş Kesk (USA), Soro / Alex (USA), Tîrej / Dario Job (SUI) und Ulîsse Zerdeşt / Claudio (ITA).