Zivile Friedenswache gegen Besatzung
Der Widerstand der Bevölkerung von Nord- und Ostsyrien für den Tişrîn-Staudamm geht weiter. Eine neue Gruppe mit Menschen aus Tabqa, Raqqa und Deir ez-Zor übernahm am Dienstag die zivile Mahnwache, die sich seit inzwischen mehr als zwei Monaten für den Erhalt der Dammanlage am Euphrat einsetzt.
Die Beteiligten der neuen Aktionsgruppe wurden in Raqqa verabschiedet und brachen mit einem Fahrzeugkonvoi Richtung Tişrîn auf. Im Einzugsgebiet der Talsperre wurden sie begeistert begrüßt. Zu Pauken und Trompeten fielen Parolen wie „Bijî Berxwedana QSD“ (Es lebe der Widerstand der QSD) und „Bijî Berxwedana YPJ“. Zum warm werden sangen die Neuangekommenen arabische und kurdische Widerstandslieder und tanzten den Govend.
Wie lange die Gruppe bleibt und wann der nächste Protestzug am Tişrîn-Damm ankommen wird, hängt von den Kriegshandlungen der Türkei und ihrer Söldnertruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) ab. Vorgesehen ist eigentlich, dass dieselbe Gruppe jeweils nur für drei Tage die Mahnwache gestaltet. Mitunter müssen die Protestierenden aber bis zu eine Woche ausharren, da die Angriffe der Besatzungstruppen unkalkulierbar sind.
Ungebrochener Widerstand der Bevölkerung
Die am 8. Januar von den Volksräten Nord- und Ostsyriens ins Leben gerufene Friedenswache am Tişrîn-Damm ist eine Reaktion auf die schweren Angriffe der Türkei und ihrer SNA. Seit Anfang Dezember befindet sich die lebenswichtige Anlage, die für die Versorgung von über 400.000 Menschen mit Strom und Wasser zuständig ist, bereits im Fokus einer Besatzungsoffensive – und ist infolge schwerer Kriegsschäden praktisch außer Betrieb.
Ankara hatte das durch den Sturz von Ex-Präsident Baschar al-Assad entstandene Machtvakuum genutzt, um neue Fakten zu schaffen und weitere Gebiete in der Autonomieregion zu besetzen – einschließlich den Tişrîn-Staudamm. Die Türkei versucht die Anlage einzunehmen, um die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) für einen weiteren Vormarsch bis zur symbolträchtigen Grenzstadt Kobanê östlich des Euphrat-Flusses zu drängen.
Für dieses Ziel schreckt die Türkei auch nicht vor Angriffen auf die Beteiligten der Mahnwache zurück. Seit Beginn der friedlichen Aktion wurden bei türkischen Luft- und Artillerieangriffen bereits mindestens 25 Zivilist:innen laut den Zahlen der Selbstverwaltung getötet und weit mehr als 200 weitere verletzt. Dennoch setzt die Bevölkerung ihren Protest entschlossen fort.