Krieg um Idlib rückt näher

Trotz Warnungen westlicher Kräfte bereitet sich die syrische Regierung mit iranischer und russischer Unterstützung auf den Krieg um Idlib vor. Idlib wird als letzte große Schlacht im Syrienkrieg bewertet.

Nachdem der russische Außenminister Lawrow vergangene Woche erklärt hat, er hoffe, dass die westlichen Mächte nicht versuchen werden, die „Säuberung der Region vom Terror zu behindern“, sieht es so aus, als könnte die Operation auf Idlib jeden Moment beginnen.

Russisches Militärmanöver im Mittelmeer

Der Kommandant der russischen Marine, Vladimir Krolov, hat angekündigt: „Ein Kontingent der russischen Luft- und Seestreitkräfte wird zwischen dem 1. und 8. September das erste Mittelmeermanöver in der modernen russischen Geschichte organisieren.“ Das Manöver begann wie angekündigt am 1. September und fällt damit in eine Phase, in der sich die Signale einer gemeinsamen russisch-syrischen Operation auf Idlib verdichten.

Auf die Ankündigungen einer Operation reagierten die USA, Frankreich und England mit der Warnung vor einer „humanitären Katastrophe“ und kündigten scharfe Reaktionen für den Fall des Einsatzes chemischer Waffen an. Nach Auffassung Russlands planen die Milizen in Idlib selbst einen Chemiewaffenangriff, um eine westliche Intervention gegen Syrien auszulösen.

Syrischer Außenminister Muallim: Wir sind entschlossen, Idlib zu befreien

Der syrische Außenminister Velid Muallim erklärte am 30. August, die syrische Regierung sei trotz der Drohungen der USA, Frankreichs und Englands entschlossen, Idlib zu befreien. Westliche Quellen sagen, eine Operation auf Idlib werde nicht nur die letzte große Schlacht des Syrienkriegs, sondern auch eine der tödlichsten darstellen.

Das Zusammenziehen von militärischen Kräften in und um Idlib deutet darauf hin, wie heftig der Krieg werden kann. Die Abkommen zwischen der Türkei und Syrien zu Idlib werden ebenfalls den Kriegsverlauf beeinflussen.

Tahrir al-Sham hat 25.000 Mitglieder in Idlib

Der größte Teil von Idlib befindet sich unter der Kontrolle von Tahrir al-Sham. Diese Gruppe ging aus der syrischen al-Qaida (al-Nusra) hervor und wird vom Kommandanten Abu Muhammed Al Jolani geführt. Nach verschiedenen Quellen hat die Gruppe 25.000 Mitglieder in Idlib und kontrolliert neben dem Zentrum über die Hälfte der Fläche des Gouvernements.

In der Region gibt es noch viele andere Gruppen. Alle stehen in Beziehung zum IS und al-Nusra und operieren mit der Unterstützung des türkischen Staates. Auf Initiative Ankaras haben sie sich am 10. August zur Nationalen Befreiungsfront zusammengeschlossen. Die Milizen in Idlib verfügen über Panzer, Artillerie und Dutzende bewaffnete Drohnen. Seit Anfang Juli wurden auf eine russische Airbase im benachbarten Gouvernement Latakia mehr als 45 Angriffe aus Idlib verübt.

150.000 Bewaffnete werden in Idlib miteinander kämpfen

Nach Angaben des französischen Radiosenders RFI gibt es in Idlib etwa 70.000 Bewaffnete. Das syrische Militär hat demgegenüber eine Division der Republikanischen Garden und seine Tigris-Kräfte mobilisiert. An der Spitze der Tigris-Kräfte befindet sich der bisher immer erfolgreiche General Suheyl al-Hasan. In anderen Worten, in Idlib werden etwa 150.000 Bewaffnete aufeinandertreffen. Dazu müssen dann noch Dutzende russische Soldaten gezählt werden, die in der Region aktiv sind. In dem Gebiet, in dem der Krieg ausgetragen wird, verfügt die Türkei über zwölf Beobachtungspunkte und nach offiziellen Angaben über 1.300 Soldaten. In diesem Sinne droht eine hochgradig komplexe Auseinandersetzung.

Soll das russische Manöver eine westliche Intervention verhindern?

Das russische Mittelmeermanöver wird ebenfalls im Zusammenhang mit der bevorstehenden Idlib-Operation gesehen. Offiziell richtet sich das Manöver gegen Luft- und Unterwasserangriffe sowie gegen Minen. Allerdings scheint ein Zusammenhang zwischen der kürzlich erfolgten Warnung des russischen Botschafters in den USA vor einem weiteren „illegalen US-Angriff ohne Grundlage“ auf Syrien zu bestehen. Am Donnerstag hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow den Westen aufgerufen, nicht „mit dem Feuer zu spielen.“

Syrische Kräfte errichten Korridor für die Zivilbevölkerung

Syrische Flugzeuge haben über Idlib Flugblätter abgeworfen, in denen die Bevölkerung dazu aufgerufen wird, den bewaffneten Gruppen fern zu bleiben und mit der Regierung zusammen zu arbeiten. Einheiten der syrischen Regierung haben außerdem einen Korridor im Südosten der Provinz errichtet, durch den die Zivilbevölkerung fliehen kann. Der Korridor steht unter Beobachtung der russischen Militärpolizei und soll bereits von etwa 15.000 Personen, vor allem Frauen und Kindern, genutzt worden sein. Aktuell deuten alle Zeichen darauf hin, dass der Krieg um Idlib kurz bevorsteht.