Kobanê: Die Türkei hat in Syrien nichts zu suchen

In einem Interview hat sich Mazlum Abdi Kobanê zur aktuellen Lage in Rojava geäußert. Der QSD-Generalkommandant fordert UN-Friedenstruppen für die Region und den Abzug türkischer Truppen: Sie haben hier nichts zu suchen und müssen Syrien sofort verlassen.

Der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (Quwwat Suriya ad-dimuqraṭiya, QSD), Mazlum Abdi Kobanê, hat sich in einem Interview zur aktuellen Lage in Nord- und Ostsyrien geäußert. Im arabischsprachigen Sender al-Arabiya bestätigte Kobanê am Sonntagabend den vollständigen Abzug der QSD aus der schwer umkämpften nordsyrischen Stadt Serêkaniyê (Ras al-Ain), wies allerdings erneut darauf hin, dass sich die Türkei nach wie vor nicht an die ausgehandelte Waffenruhe hält.

Vergangenen Donnerstag hatten die QSD einem zwischen den USA und der Türkei ausgehandelten Waffenstillstand über 120 Stunden zugestimmt und diesen wie vereinbart befolgt. Die türkische Seite setzte ihre Angriffe auf die Region jedoch fort, verhinderte zudem die Öffnung eines sicheren Korridors, um die Verwundeten und Zivilist*innen aus Serêkaniyê zu evakuieren. Am Samstag konnten Teams des Kurdischen Roten Halbmonds (Heyva Sor a Kurd), des Syrischen Roten Halbmonds und des Roten Kreuzes zunächst nur 30 Verletzte und die Leichname von vier Gefallenen aus der Stadt bringen. Erst am späten Sonntagnachmittag gelang es dann einem humanitären Konvoi, die Verbliebenen aus Serêkaniyê zu evakuieren. Anschließend zogen sich auch die QSD zurück.

„Wir haben unsere Verpflichtung erfüllt und damit begonnen, unsere Kräfte aus den im Abkommen genannten Gebieten abzuziehen. Diese umfassen lediglich Serêkaniyê und Girê Spî (Tall Abyad), das möchte ich betonen. Aber sowohl die Türkei als auch die USA haben offenbar unterschiedliche Auffassungen, was das Abkommen betrifft. Wir als QSD haben einer vollständigen Waffenruhe an der gesamten Grenze zwischen Nord- und Ostsyrien und der Türkei zugestimmt. Unsere Bedingung lautete, dass weder die Türkei für uns eine Bedrohung darstellt wie auch umgekehrt. Nur unter dieser Voraussetzung haben wir uns dazu verpflichtet, unsere Kräfte aus der Stadt Serêkaniyê sowie den Gebieten zwischen Girê Spî und Serêkaniyê bis hinter den internationalen Verkehrsweg abzuziehen. Im Moment setzen wir dies bereits um. Im Gegenzug muss die Türkei allerdings auch die dauerhafte Waffenruhe entlang der Grenze einhalten, so wie es vereinbart wurde. In der Presse mehren sich derweil Berichte über einen 13-Punkte-Plan. Darüber haben wir keine Informationen und würden ihn ohnehin nicht akzeptieren. Für weitere Schritte muss es weitere Verhandlungen geben. Wir fordern Friedenstruppen der Vereinten Nationen, die Massaker an der Zivilbevölkerung verhindern. Die Zukunft der Region sollte jedoch im Rahmen einer allgemeinen Lösung festgelegt werden“, erklärte Kobanê.

De-facto Legitimierung der Besatzung Syriens durch die USA

Der „13-Punkte Plan“ von Ankara sieht vor, dass die Türkei eine etwa 500 Kilometer lange und 30 Kilometer tiefe „Sicherheitszone“ in Nordsyrien bekommt, während sich die USA verpflichten, die Volksverteidigungseinheiten YPG zum Rückzug zu bewegen. Innerhalb von 120 Stunden sollen die YPG/YPJ ihre Stellungen zerstören und ihre schweren Waffen abgeben. Laut Abkommen verpflichtet sich die Türkei, während dieser Zeit ihren „Operation Friedensquelle“ genannten Angriffskrieg auszusetzen und Menschenrechte sowie zivile Infrastruktur zu schützen. Nach fünf Tagen Waffenstillstand sollen dann die erst vor wenigen Tagen erlassenen US-Sanktionen gegen Ankara wieder aufgehoben werden. Faktisch wird mit dem 13-Punkte-Plan grünes Licht für einen Genozid gegeben. Nach Angaben der Autonomieverwaltung sind in den ersten drei Tagen nach dem Abkommen zu einer Waffenruhe 25 QSD-Kämpfer*innen bei Angriffen des türkischen Staates gefallen, weitere 17 wurden verletzt. Außerdem sind 17 Zivilisten ums Leben gekommen.

Kobanê: Die Türkei muss Syrien verlassen

Mazlum Abdi Kobanê erklärte dazu: „Das können und werden wir nicht akzeptieren. Kein einziger Syrer mit einem nationalen Wertebewusstsein kann dem zustimmen, die Kurden ebenso wenig. Die Türkei hat in Syrien und Rojava nichts zu suchen und muss die Region verlassen. Der türkische Staat spricht immer zu von einem Mechanismus für Grenzsicherheit. Das ist ein Punkt, über den zunächst diskutiert werden muss, damit eine Einigung getroffen werden kann. Eine dauerhafte Invasion der Türkei in Syrien werden wir zu keinem Zeitpunkt akzeptieren. Jeder Syrer muss sich aktiv dafür einsetzen, dass die Türkei von hier verschwindet.“