Der türkische Drohnenangriff am Mittwochnachmittag in Kobanê richtete sich gegen das Auto des Ko-Vorsitzenden des Gerechtigkeitsrats von Kobanê. Das teilt die Autonomieverwaltung von Nordostsyrien mit. „Durch den Angriff einer Drohne des türkischen Besatzerstaates auf das Fahrzeug des Ko-Vorsitzenden des Gerechtigkeitsrats der Selbstverwaltung von Kobanê, Bekir Ceradê, ist dieser zusammen mit zwei weiteren Zivilisten verletzt worden. Zwei Mitarbeiter:innen der Autonomieverwaltung sind gefallen“, heißt es in einer Stellungnahme.
Die türkische Drohne hatte um 15.15 Uhr Ortszeit ein Auto im Stadtviertel Miktala bombardiert, etwa zwei Kilometer südöstlich des Zentrums von Kobanê. Das in der Nähe des Gerechtigkeitsrats geparkte Fahrzeug wurde vollständig zerstört, auch umstehende Autos sowie Wohngebäude wurden beschädigt.
„Der Kampf gegen den IS wird gefährdet“
Die Autonomieverwaltung weist darauf hin, dass der Drohnenangriff parallel zu den aktuellen Invasionsandrohungen der Türkei erfolgt ist und den Kampf gegen IS gefährdet: „Der türkische Staat unterstützt dschihadistische Terroristen und will den IS rächen, indem er die Errungenschaften unseres Volkes und der internationalen Koalition zu zerstören versucht. Mit seinen Angriffen und Drohungen sowie mit seinen Verbrechen in den von ihm besetzten Gebieten unterstützt er den Terror.“ Das türkische Vorgehen richte sich gegen alle Lösungsbemühungen in Syrien und gefährde die Zukunft des syrischen Volkes, stellt die Autonomieverwaltung fest und fordert Russland als Garantiemacht in der Region, die internationale Koalition als Partnerin im Kampf gegen den IS sowie alle aktiven Kräfte einschließlich der Vereinten Nationen (UN) auf, weitere Angriffe zu verhindern und die Türkei zur Rechenschaft zu ziehen.
TEV-DEM macht Russland und die USA verantwortlich
Auch die zivilgesellschaftliche Bewegung TEV-DEM macht die US-geführte „Globale Koalition gegen den IS“ und Russland dafür verantwortlich, dem türkischen Terror keine Grenzen zu setzen. Bei dem tödlichen Drohnenangriff vom Mittwoch handele es sich um eine „terroristische und barbarische Aktion“, die von türkischen Spezialkriegskräften geplant worden sei. Mitschuldig seien die internationalen Waffenlieferanten und alle, die mit dem Erdogan-Regime zusammenarbeiteten. Allen müsse bewusst sein, dass die Bedrohung durch die Türkei sich nicht nur gegen die Kurd:innen richte, sondern gegen die Errungenschaften der Gesamtbevölkerung im multiethnischen Nordosten Syriens.
„Eklatanter Verstoß gegen internationale Abkommen“
Der YPG-Sprecher Nurî Mehmûd verurteilte den Angriff und bezeichnete den Vorfall als „eklatanten Verstoß“ gegen die Waffenstillstandsabkommen vom Herbst 2019, in deren Rahmen Überwachungsmechanismen zur Abwendung der türkischen Aggressionen gegen Nord- und Ostsyrien vereinbart worden sind.
Die PYD (Partei der Demokratischen Einheit) warf den Garantiemächten vor, Angriffe der Türkei in den Autonomiegebieten zu dulden. Ohne grünes Licht aus Washington und Moskau wäre es dem türkischen Staat wohl kaum möglich, „seine brutalen Verbrechen“ praktisch ohne Gegenwehr fortzusetzen, hieß es in einer Stellungnahme. Verantwortlich für diese Angriffe in Rojava, bei denen auch Waffentechnologie aus dem Westen eingesetzt werde, sei nicht nur die Türkei. „Alle Länder, die den türkischen Staat mit Rüstungsgütern beliefern, sind mitverantwortlich und damit Partner von unmenschlichen Verbrechen.“